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Archiv-Artikel

der rechte rand: Kein Brückenschlag in Lübeck

Keine neue Strategie: Bei ihren Aufmärschen geben sich noch die militantesten Neonazis friedlich – wollen doch NPD und Freie Kameradschaften nicht durch Gewalttaten dem Verbot ihrer Veranstaltungen zuarbeiten. So marschierten am vergangenen Samstag rund 200 Kameraden vermeintlich friedfertig in Lübeck auf. Unter der Parole „Bomben für den Frieden?“ wollten sie an die Bombardierung der Hansestadt im März 1942 erinnern und nicht zuletzt die Angehörigen von Wehrmacht und Waffen-SS als „die besten Soldaten der Welt“ ehren.

Am Morgen bereits griffen mehrere Neonazis auf dem Weg in die Marzipanstadt drei Jugendliche an. „Wir haben zuerst nicht erkennen können, dass das Nazis waren“, erzählt Martin S., eines der Opfer: Als sie in Bad Oldesloe in den Regionalzug stieg, war die Gruppe dem 20-Jährigen aufgefallen. „Aber die hatten sich als Antifas getarnt“, sagt Klaus M. Im Zug schlugen und traten die Neonazis dann auf sie ein. „Der Schaffner hat das gesehen, er half uns aber nicht“, so Frank P. zur taz, „auch die anderen Fahrgäste nicht“, ergänzt Klaus M.

Am Reinfelder Bahnhof stießen die Neonazis sie dann aus dem Zug. Noch jetzt haben die drei Prellungen und blaue Flecken, gelangten aber schließlich doch nach Lübeck und demonstrierten gegen den Aufmarsch. Dort klagte dann der Lüneburger NPD-Funktionär Hans-Gerd Wichmann lautstark über „Antifa-Banden“ und „autonome Randalierer“.

Nicht minder verärgert schimpfte NPD-Bundessekretär Thomas Wulf aus Amholz über die „Gutmenschen“ und „Deutschenhasser“: 3.000 Menschen waren dem Aufruf des „Lübecker Bündnis gegen Rassismus“ gefolgt, sich den Neonazis entgegenzustellen. Mit Erfolg: Schon am Mittag war klar, dass keine Naziparolen am Holstentor zu hören sein würden. „Wir verlassen die Brücke nicht“, erklärte ein Bündnissprecher, als die Gegendemonstration den Zugang zur Innenstadt erreichte. Zuvor waren „Wir sind Helden“ erklungen: „Entschuldigen Sie, ich sagte: Wir sind gekommen, um zu bleiben“. Derart höflich und gewaltfrei blieb die Blockade des Bündnisses aus Antifagruppen, Gewerkschaften, Kirchen und Parteien dann auch.

Die Rechten konnten nur an der Trave entlanglaufen, am Mühlenteich untersagte die Polizei ihnen erneut den Weg in die Lübecker Innenstadt. „Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“, erklärte ein Polizeisprecher. Am Domufer gerierten sich die rechten Redner sogleich als Opfer einer angeblichen „polizeilichen Kumpanei mit dem Gutmenschenpopanz“ und beteuerten: „Von uns geht keine Gewalt aus.“

Nach dem Marsch kam es aber erneut zu Übergriffen, wiederum in der Bahn: Im Zug nach Lüneburg gerieten Rechte und Linke aneinander, am Ratzeburger Bahnhof unterband die Polizei die Auseinandersetzungen.