der rechte rand : Militante mit langem Atem
Die „Sommeroffensive“ läuft: Im Landkreis Schaumburg haben die Neonazis in den vergangenen Monaten ihre Aktivitäten verstärkt. Anfang Mai kündigte die „Nationale Offensive Schaumburg“ (NOS) an: „Wir werden sehen, wer den längeren Atem hat!“ – keine leere Drohung der Kameradschaft um Marcus Winter. Die militante Szene richtet Kundgebungen und Mahnwachen aus, versuchte aber auch bereits, antifaschistische Veranstaltungen zu stören. Am nächsten Sonnabend marschiert sie in Bad Nenndorf auf.
Mit ihren Aktionen, sagt der DGB-Regionsvorsitzende Sebastian Wertmüller, wolle die Szene „eine dauerhafte Präsenz durchsetzen“, ganz so wie in einigen ostdeutschen Regionen. Anders sei jedoch, dass die Rechten hier im westlichen Niedersachsen kaum soziale Probleme aufgriffen, merkt Wertmüller an, der für den Sonnabend Gegenaktionen angemeldet hat. So wollen die Rechten am 29. Juli auch wieder der „deutschen Opfer des britischen Folterlagers“ im „Wincklerbad“ gedenken: Nach 1945 hatte die britische Armee hier unter anderem deutsche Kriegsverbrecher inhaftiert. Dabei soll es laut britischen Zeitungen zu Misshandlungen gekommen sein.
Wie weit Rechtsrock in der Region inzwischen verbreitet ist, musste der Experte Christian Dornbusch erfahren: Bei einer Veranstaltung an einer Schule im Schaumburger Land kannten viele Schüler die rechten Bands bestens. Später hätten sie ihn gefragt, „wie sie die Musik ohne Strafverfolgung hören könnten“.
Auftrieb erhielt die Szene, als im Januar 2005 Marcus Winter aus der Haft entlassen wurde. Im April 2002 war er an der Entführung und Misshandlung eines antifaschistischen Schülers aus Rinteln beteiligt gewesen. Die damalige Verurteilung hinderte die NPD nicht daran, Winter zur letzten Bundestagswahl aufzustellen. In Lindhorst nahe Stadthagen lebt er mit Arwid St., verurteilt wegen Körperverletzung. Nachdem Passanten aus dem Haus heraus mit einer Pistole bedroht worden waren, erhielt die Wohngemeinschaft kürzlich Besuch von einem SEK der Polizei. Dabei sollen Schusswaffen sichergestellt worden sein. Eine selbst gebastelte Bombe fand die Polizei derweil bei Garry H., der ebenso zum Umfeld der NOS zählt wie Marco S., verurteilt wegen Körperverletzung mit Todesfolge.
Zur Kommunalwahl tritt die von dieser Szene unterstützte NPD in Schaumburg nicht an. „Neue brutale Angriffe aus dieser Nazi-Subkultur“, betont indes Gewerkschafter Wertmüller, „sind uns bekannt.“ Um ihnen entgegenzutreten ist für den kommenden Sonnabend ein großes Kulturfest im Bad Nenndorfer Kurpark geplant, das von einem breites Bündnis getragen wird. Eine Protestdemo gegen den Nazi-Aufmarsch findet zuvor statt.