der rechte rand : Am Abwurfplatz
Glockengeläut leitete im ostfriesischen Esens die Gedenkveranstaltung ein. Zuvor hatten am 27. September bereits DVU, NPD und AG Wiking ihre Kränze auf die Gräber der Opfer niedergelegt. „Den Lebenden zur Mahnung – DVU“, ziert eine Schleife und „Von der Erde gegangen im Herzen geblieben – AG Wiking“ eine andere. Nur ein Gebinde ist bei der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des alliierten Luftangriffs von 1943 unerwünscht: Am Donnerstag entfernten Bürgermeister Klaus Wilbers (SPD) und Stadtdirektor Jürgen Buß im Anschluss des Gedenkens das Bukett mit der Schleife „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“, das am Fuß des toten Soldaten niedergelegt worden war.
Seit Jahren erinnert die Stadt an den Bombenangriff. Ein Volltreffer zerstörte die Schule, 108 Kinder starben. Die Entfernung des Kranzes glaubt Wilbers rechtfertigen zu können: „Das war so nicht abgesprochen“, denn außer der Stadt sollte niemand ein Gebinde am Fuß des toten Soldaten niederlegen. „Das stimmt nicht“, sagt Bernd Mayer, Kreistagsabgeordneter von Die Linke. Vorab will er das Gebinde ohne Parteiaufdruck mit Wilbers vereinbart haben. Buß versuchte indes gleich einzuschreiten, als Mayer das Bukett hinstellte. „Keine politische Gruppe soll die Gedenkstunde als Podium nutzen“, sagt Buß: „Das gilt für die Rechten ebenso wie für die Linken.“
In seiner Rede erwähnte Wilbers aber nicht, dass die Neonazis bereits zum dritten Mal den Gedenktag missbrauchten. Schon 2004 und 2006 war eine kleine Gruppe gekommen und hatte einen Kranz niedergelegt. Per Handschlag bedankte sich damals der Bürgermeister bei den Rechten – weil sie nicht störten. An die 20 Neonazis versuchten jetzt die erste Reihe am Denkmal zu bilden. Demonstrativ stellten sich Wolfgang Ritter vom ökumenischen Arbeitskreis und Schulpastor Jürgen Grimm vor sie. Die AG Wiking kündigte an nächstes Jahr wieder zu kommen.ANDREAS SPEIT