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Archiv-Artikel

der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR

… das unbekannte Wesen! Den Eindruck jedenfalls gewinnt man, schaut man sich die Außenbetrachtung homosexueller Verhältnisse an. „Schwule und Lesben sind noch längst nicht akzeptiert“, bilanziert kürzlich das Frauenmagazin Brigitte in einer Reportage über den Alltag homosexueller Frauen und Männer. „Anderssein lohnt sich“, titelt dagegen die FAZ und schwärmt über „Die neue Freiheit der Schwulen“. Ähnlich weichgezeichnet auch Neon, das Trendmagazin für heterosexuelle Mittelschichtskids: „Die meisten Schwulen“, heißt es da, „wirken selbstsicher und generell gefestigt“, schließlich können sie inzwischen ungehindert „ihre Sexualität und ihre allgemeine Orientierung offen ausleben.“ Schwule, so die vulgär-zoologische Betrachtung, wohnen deshalb gern in „offenen Vierteln“. Denn: „Nur wenn sie toleriert werden und ohne gesellschaftlichen Zwang leben können, entsteht ein Wohlfühlgefühl.“

Solche befreite Kuschelzonen, weiß Neon, gibt es vor allem in Köln, aber auch anderswo. „Doch die Ruhe ist trügerisch“, setzt die Hamburger Morgenpost dagegen und meint das Verhältnis zwischen Moslems und Homosexuellen im Hamburger Multikultiviertel St. Georg. Hinter den Fassaden der „offenen Wohlfühlgefühl-Viertel“ kracht’s. So wie noch vor nicht allzu langer Zeit in Berlin-Schöneberg hat man jetzt auch in St. Georg den Schuldigen dafür ausgemacht. „Orientalisch aussehende Männer“, wird in der Welt das Aids-Beratungszentrum ‚Hein & Fiete‘ zitiert, „die auf das Personal einschüchternd und bedrohlich wirken.“ Von Bananenschalen in Briefkästen ist die Rede, und irgendjemand hat „Tod den Schwulen“ an die Hauswand gesprüht. Das können nur Muslime sein!

Zugegeben, die orientalischen Jungs und ihre Väter sind prima Feindbilder, ganz einfach auszumachen. Denn von ihnen kommt oft – im Schutze religiöser Phrasen – homophober Unsinn, den kein Deutscher mehr auszusprechen wagt, selbst wenn er genauso denkt. Und auf Muslime schimpfen ist derzeit fast Bürgerpflicht, dabei ist die Homo-Minderheit sofort umringt von Bündnispartnern aus der Restgesellschaft. Voreilig falsche Töne allüberall, gern stimmen die Schwulen mit ein. „Mann muss sich schon entscheiden: Gilt die Scharia oder das Grundgesetz?“, fragt hysterisch das Schwulenmagazin MännerAktuell und meint doch nur das Zusammenleben zwischen Schwulen und Türken in Berlin-Kreuzberg. Und – auch da sind sich die schwulen Verherrlicher muslimischer Gewalt mit den Kampfgefährten aus dem konservativen Lager einig – wer das nicht so sieht, ist ein naiver Anhänger einer multikulturellen Idylle, ein feiger Liberaler, der den letzten Schuss nicht gehört hat.

Dialog heißt jetzt das Zauberwort, und MännerAktuell macht auf seine Weise mit. Im Mittelpunkt seiner aktuellen Schwerpunktstory von „Türken und Tucken“ stehen Fotos der heterosexuellen Kicker von Türkiyemspor, dem multikulturellen Oberligaverein aus Kreuzberg. In professioneller Pin-up-Pose zeigen die Jungs muskulöse Oberarme und geöffnete Schenkel, schweißnasse Waschbrettbäuche und coole Anmachblicke, all das eben, was der schwule Mann begehrt am „orientalisch aussehenden Mann“.