denkmal für georg elser : Der schmerzhafte Beweis
Viel zu wenige Menschen kennen Georg Elser. Dabei passt auf den württembergischen Schreiner, der still lebte und heimlich im KZ Dachau ermordet wurde, das Wort vom „großen Mann“. Elser hörte auf sein Gewissen, als er begriff, dass Hitlers Herrschaft zum Krieg führen würde. Deshalb ist die Entscheidung des Kulturausschusses, dem gescheiterten Attentäter ein Denkmal oder Denkzeichen zu widmen, richtig. Der späte Zeitpunkt des Votums zeigt, wie verlogen Deutsche mit ihrer Nazi-Vergangenheit umgegangen sind.
KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE
Während die meisten Deutschen die unblutige Eroberung Österreichs und des Sudetenlands bejubelten, bastelte Georg Elser ein Jahr lang einsam an einer Bombe. Selbst enge Verwandte und Freunde wussten nichts. Er wollte sie nicht in Gefahr bringen. Hätte Hitler am Abend des 8. November 1939 den Münchner Bürgerbräukeller nicht unerwartet früh verlassen, Elsers Zeitbombe hätte den Diktator getötet – und die Weltgeschichte wäre anders verlaufen.
Ein einzelner Mensch konnte unter dem Nazi-Regime seinem Gewissen folgen. Diese unbestreitbare Tatsache war zu viel für das Selbstverständnis zweier deutscher Nachkriegsstaaten. Der östliche verwies auf den kommunistischen Widerstand, der westliche auf die vielen Offiziere und einigen Gewerkschafter des 20. Juli 1944. Erfolglos blieben beide Gruppen. Elser hingegen handelte. Spürbarer als die Kommunisten, früher als die zaudernden Generäle.
Georg Elsers Tat bleibt bis heute der schmerzhafte Beweis: Der Aufstieg des Adolf Hitler war aufhaltsam. Und die Formel vieler Deutscher, man habe ohnehin nichts tun können, war eine Selbstberuhigung nach dem moralischen Zusammenbruch.
Die Erinnerung daran wird durch ein Denkzeichen gestärkt. Der Ort dafür ist noch umstritten. Nur eines muss er sein: unübersehbar. Endlich.