das wichtigste : Giftige Wortspritzen
Nach dem Protesttag ist der Ton zwischen Ministerin und Gesundheitsverbänden noch rauer geworden
BERLIN ap/afp ■ Nach dem Protesttag im Gesundheitswesen eskaliert der Streit mit Ministerin Ulla Schmidt. NAV-Virchow-Bund und Hartmannbund sagten gestern empört über Äußerungen der SPD-Politikerin ein Gespräch mit ihr ab. „Mit den Beschimpfungen als ‚Lobbyisten‘ und ‚Funktionärsgerede‘ hat die Bundesgesundheitsministerin“ provoziert, erklärte NAV-Chef Klaus Bittmann. Schmidt legte noch mal nach: „Den Stichwortgebern des Protestes geht es fast ausschließlich um mehr Geld.“
SPD-Fraktionschef Peter Struck schloss indes vor der ersten Befassung des Bundesrats Änderungen an der Gesundheitsreform nicht aus: „Wir erwarten eine Reihe von Änderungsvorschlägen. Danach müssen wir entscheiden, welche übernommen werden.“
Montag hatten mehrere hunderttausend Ärzte und andere Beschäftigte im Gesundheitswesen gegen die Pläne protestiert. Schmidt hatte den Organisatoren vorgeworfen, sie nähmen für ihre Verbandsinteressen Patienten „in Geiselhaft“. „Den Vorwurf der ‚Geiselhaft‘ weise ich natürlich zurück“, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl. Bei einem noch nie da gewesenen Bündnis von 40 Gesundheitsverbänden gegen die Reform von Einzelinteressen zu sprechen, sei eine „total verzerrte Wahrnehmung“. Die KBV wolle dennoch am Treffen im Ministerium zum Thema Bürokratieabbau teilnehmen.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schlug als Gegenmaßnahme zur Ärztekampagne vor, die Gesamteinkünfte pro Praxis in den Praxen für Patienten sichtbar auszuhängen. „Wenn es nicht anders geht, muss die Regierung die Ärzteeinkünfte transparent machen“, sagte Lauterbach.