daily dope (339) :
Hat die Dresdner Bank Humor? Zur erstmaligen Verleihung ihrer Anti-Doping-Preise ließ sie jüngst die donnernde Titelmusik eines Piratenfilms abspielen. Und das weiß man ja, dass es bei Seeräubern mit dem Fairplay nicht weit her ist, ganz zu schweigen vom Suchtmittelkonsum.
Aber die Dinge ändern sich: Der Makel des Amoralischen und Gesetzlosen ist gewandert, von den inzwischen familientauglichen Freibeutern hinüber zu Bankern und Radsportlern: zwei Berufsstände im Imagetief. Aber die wollen das nicht auf sich sitzen lassen, und so lobte die Bank gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund drei mit je 5.000 Euro dotierte Preise aus, um Vereine für ihren Kampf gegen Doping zu ehren.
Einer der überdimensionalen Schecks ging an das Radsportteam Lübeck, dessen Präventionskonzept den bezaubernden Namen „Richtig handeln durch Verstehen“ trägt. Es richtet sich an die Köpfe der Nachwuchssportler: Denken statt Dopen. Die jungen Fahrer sollen lernen, dass ein Leistungseinbruch keine Krankheit ist und ihr Körper keine Maschine. Sie sollen das alte Einzelkämpfertum überwinden und sich gemeinsam bestärken, so weit, dass die 19-Jährigen die Jüngeren anleiten. Vor allem aber sollen die Jugendlichen auf das meiste selbst kommen.
Lübecks Jugendleiter Gert Hillringhaus ist inzwischen bundesweit eine Hausnummer im Kampf gegen Sportbetrug und Mitarbeiter des renommierten Heidelberger Zentrums für Dopingprävention. Das prämierte Konzept entwickelte der Ingenieur und Radsport-Quereinsteiger bereits im Jahr 2000. Seitdem warb er vergeblich um Unterstützer. Auch beim notorisch schwerfälligen Bund Deutscher Radfahrer (BDR) blitzte er ab – inzwischen arbeiten Hillringhaus und der BDR zusammen.
Der Verband übernahm aus dem Lübecker Präventionspaket das interaktive Computerspiel „Windschatten“, gestaltet von drei Studentinnen der Lübecker Fachhochschule. In dem Online-Comic muss sich Radsporttalent Lukas gegen Verlockungen wehren, unter anderem gegen seinen überehrgeizigen Vater, der an seinem Fahrrad rumfrisiert und ihn mit dubiosen Aufbaugetränken mästen will. „Nur die Harten komm’ in Garten“, sagt der Vater.
Nach jeder kleinen Szene kann der Betrachter an Lukas statt ankreuzen: ehrlich weitertrainieren oder doch das Zeug probieren. Ein bisschen Holzhammer ist das schon, aber vielleicht ist es nötig, um im Radsport die alten Selbstverständlichkeiten durch andere zu ersetzen.
Auch die Radler hatten schließlich mal ihren „Piraten“. Er hieß Marco Pantani, trug ein Kopftuch (daher der Spitzname) und fiel 1999 mit Blutwerten auf, die auf Epo-Doping hinwiesen. Fünf Jahre später starb er an einer Überdosis Kokain. HENDRIK HEINZE