crime scene : Frauenfeindlich und vernarrt in Motorräder: Zwei Romane des südafrikanischen BMW-PR-Managers Deon Meyer
Endlich mal einen Krimi schreiben. Dann noch einen. Einen Preis dafür kriegen. Beim dritten Buch klingelt Hollywood an: Denzel Washington sei für die Hauptrolle im Gespräch – viele Werbetexter träumen von so einer Karriere. Doch wenige bringen es damit so weit wie der Südafrikaner Deon Meyer. Nicht schlecht. Nein, vieles in seinen Romanen (von den drei übersetzten sind derzeit nur zwei lieferbar) ist wirklich nicht schlecht. Zwischen den Zeilen erfährt man viel über südafrikanische Lebenswelten, politische und soziale Spannungen. Außerdem kann Meyer schreiben, besonders Dialoge kann er gut, und so manche erzählerische Plattheit könnte mit gutem Willen dem „Stille Post“-Effekt der doppelten Übersetzung zugeschrieben werden, denn Meyer schreibt auf Afrikaans, die deutsche Fassung aber ist aus dem Englischen übersetzt. Aber um Meyers Bücher zu mögen, muss man wohl so was halt mögen. Und wenn man so was mag, dann hat man –ja, was eigentlich? Dann ist man … ein Mann? Vielleicht sollte die Rezensentin als Vertreterin des gegnerischen Geschlechts besser die Finger davon lassen, doch dafür ist es zu spät.
Zwei Meyer-Titel sind im Herbst auf Deutsch erschienen. Der neuere davon, „Das Herz des Jägers“, ist ein harmloser, wenngleich für Frauen und andere Nichtmotorradfahrer eher öder „Thriller“, der an dramaturgischer Schlichtheit kaum zu überbieten ist. Ein ehemaliger KGB-Profikiller, der aber solchem Tun längst abgeschworen hat und eigentlich ein guter Kerl ist, übernimmt, um einen Freund zu retten, einen gefährlichen Auftrag, der darin besteht, eine Computerfestplatte mit sensiblen Daten von Kapstadt nach Lusaka zu bringen. Dafür muss er viel Motorrad fahren, denn die Sicherheitsorgane des Landes verfolgen ihn mit ihren Superhubschraubern und sorgen dafür, dass er nicht unbeobachtet ins Flugzeug steigen kann. Man erfährt in diesem Buch viel über die Eigenschaften einer BMW R 1150 GS. Und darf sich dabei an Sätzen von ungelenker Schönheit delektieren wie „Er legte gerade die R 1150 GS hin, als er das Dröhnen des Hubschraubers näher kommen hörte.“
Meyer mag ein großer Motorradfan sein, doch ist er ein zu guter Schreiber, als dass er nicht hätte merken müssen, dass die korrekte Typenbezeichnung sich im Fließtext eher sperrig ausnimmt. Heute ist Deon Meyer übrigens hauptberuflich als PR-Manager für die Motorradsparte von BMW tätig. Und wenn er das noch nicht war, als er „Das Herz des Jägers“ schrieb, dann hat er sich diesen Posten damit redlich verdient. Eine wirklich ungewöhnliche Form von Corporate Publishing.
In „Der traurige Polizist“, einige Jahre vorher entstanden, wird mit großkalibrigen historischen Flinten scharf geschossen. Doch nicht der für die Handlung sinnfreie Waffenkult, der hier betrieben wird, ist ärgerlich, sondern die Unbekümmertheit, mit der Meyer praktisch jede Frauengestalt als sexy Häschen vorführt. Wenn sie nicht nackt sind, sind sie wenigstens halb nackt. Dass die einzige Frau, die stets vollständig bekleidet auftritt, am Schluss Opfer einer brutalen Gruppenvergewaltigung wird, ist in diesem Kontext unerträglich obszön, ekelhaft voyeuristisch. Im Übrigen legt der Text deutlich nahe, dass das Opfer seine Behandlung dem sittenlosen Verhalten ihrer schamloseren Geschlechtsgenossinnen zu verdanken habe. Da ist es für Meyer auch kein mildernder Umstand mehr, dass die Vergewaltigte zur Serienmörderin werden darf. Ja, jetzt ist es raus, und obwohl dieser klassische Polizeikrimi spannend geschrieben ist und mit einem übergewichtigen Trauerkloß von Cop eine originelle männliche Hauptfigur hat, muss man ihn wirklich nicht lesen. KATHARINA GRANZIN
Deon Meyer: „Das Herz des Jägers“. Aus dem Englischen von Ulrich Hoffmann. Rütten & Loening, Berlin 2005, 19,90 EuroDeon Meyer: „Der traurige Polizist“. Aus dem Englischen von Ulrich Hoffmann. Aufbau Tb, Berlin 2005, 9,95 Euro