christoph schultheis : Ganz ohne Bohlen
Wenn sich RTL heute unverdrossen auf die Suche nach einem „Superstar“ macht, kann man mal ein paar Worte über Stefan Raab (Foto: RTR) und sein Gegenmodell „SSDSGPS“ verlieren.
1. Kürzlich im Schnee hatte jemand mit dem Finger in die schneebedeckte Windschutzscheibe eines parkenden Autos das Wort „Auto“ geschrieben. Und auf der ebenfalls schneebedeckten Motorhaube eines weiteren Autos stand „SSDSGPS“. Mit einem dicken Ausrufezeichen.
2. Die TV-Firma Brainpool hat früher mal „Harald Schmidt Shows“ produziert. Mittlerweile ist Brainpool eine Tochterfirma des Musikvideosenders Viva und Brainpool-Chef Jörg Grabosch Viva-Vorstand. Gemeinhin ist Viva bloß der Plattenindustrie beim Plattenverkaufen behilflich, aber derzeit hilft der Sender außerdem der ARD bei der Suche nach einem deutschen Beitrag für den „Eurovision Song Contest“. Die Behilflichkeit von Viva besteht darin, so oft wie möglich Musikvideos derjenigen Lieder auszustrahlen, mit denen die Grand-Prix-Anwärter am 19. März bei der ARD-Vorentscheid-Show antreten. An der hat ja auch mal ein gewisser Stefan Raab teilgenommen, der beim Sender Pro7 die Show „TV Total“ moderiert, die ihrerseits von der Viva-Firma Brainpool produziert wird und in der auch gern mal die ganzen Vorentscheidkandidaten vorbeischauen.
Und nach einer kurzen Verschnaufpause können wir jetzt vielleicht endlich auf „SSDSGPS“ zu sprechen kommen: Schließlich hat Raab von der ARD in Aussicht gestellt bekommen, am 19. März zusätzlich mit einem eigenen Interpreten antreten zu dürfen, weshalb der „TV Total“-Mann seine Sendung abendweise in eine Castingshow namens „SSDSGPS“ umfunktioniert hat.
3. „SSDSGPS“ ist ein Trittbrettfahrerformat. Ohne das Gewese um „DSDS“ (also „Deutschland sucht den Superstar“) wäre „SSDSGPS“ (also „Stefan sucht den Super-Grand-Prix-Star“) nicht denkbar. Und natürlich funktioniert das Pro7-Plagiat, so selbstironisch es sich auch geben mag, wie sein großes RTL-Vorbild: Unbekannte junge Menschen singen bekannte Lieder und werden per Televoting dezimiert, bis ein Gewinner bleibt und die Quote stimmt.
4. Aber erst beim „SSDSGPS“-Anschauen wird deutlich, was man an „DSDS“ eigentlich noch nie gemocht hat: Beim Raab kommt einer nämlich, wenn er will, im labberigen Second-Hand-T-Shirt auf die Showbühne. Und singen kann er auch. Und hat sichtlich Spaß dabei. Und nach seinem Auftritt setzt er sich scherzend zu seinen Mitstreitern aufs Showsofa, während die Live-Band … Ganz locker eben und – beinahe hätten wir’s vergessen – ganz ohne Dieter Bohlen.