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Archiv-Artikel

christoph schultheis Wahre Geschichten

Wieso Arabella Kiesbauer übel mitgespielt wird – und warum das vielleicht keine Rolle spielt

Hans-Jürgen Jakobs ist bei der Süddeutschen Zeitung für die Medienseite verantwortliche, und mal abgesehen davon, dass er mit „Hans-Jürgen Jakobs“ anfängt, ist das kein sonderlich guter erster Satz. Aber dass die Nachmittagstalkshow hierzulande eine aussterbende Art ist, haut einen auch nicht um, oder?

Nein, anders als vor Jahren, als der so genannte „Schmuddel-Talk“ noch Konjunktur hatte, ist der Niedergang des Genres eigentlich kaum der Rede wert – oder eine gute Gelegenheit, die Sache noch mal kurz zusammenzufassen: Dann allerdings sind Daily Talks bloß Sendungen, in denen Selbstdarsteller und/oder ergreifend dumme Menschen, nachdem sie hinter den Kulissen entsprechend „betreut“ wurden, vor laufender Kamera über persönliche Vorlieben und Fehltritte streiten. Manchmal beschimpfen sie sich auch. Wer da mitmacht, wird nicht selten aus seinem natürlichen Lebensraum (Großraumdisko, Penny-Markt) in die Sendung gelockt oder tingelt als Talkshow-Hopper mit ausgedachten Storys – und gelegentlich auch in stillschweigendem Einvernehmen mit den Talkshow-Machern – freiwillig von Talksofa zu Talksofa. Kurzum: ein mieses Geschäft. Und dann sind da, fast hätten wir’s vergessen, auch noch die Talkshow-Moderatoren, die diese Talkshows moderieren – und den vorangegangenen Zeilen bestimmt nicht widerspruchslos zustimmen würden. Arabella Kiesbauer zum Beispiel sieht (besser gesagt „sah“, denn ihre Sendung auf Pro7 endet nach zehn Jahren und 2.500 Folgen am 4. Juni) sich selbst stets als „Verfechterin des wahren Talks“. Zumindest hat sie das vor ein paar Monaten in einem großen Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt.

Geführt hatte das Interview der eingangs erwähnte Hans-Jürgen Jakobs, an sich ein Spezialist für Medienwirtschaft mit guten Kontakten etwa zum mittlerweile ziemlich abgewickelten Kirch-Konzern. Derselbe Jakobs machte vergangenen Freitag auch das Aus für Kiesbauers „Arabella“-Show öffentlich. Und es kann schon sein, dass der „dunkelhäutigen Arabella Kiesbauer“, wie Jakobs Artikel nach eventuell nahe legt, dieser Tage übel mitgespielt wird vom Münchner Sender Pro7, der früher mal Teil des Familienbetriebs Kirch war.

Gut möglich auch, dass Jakobs gemeinhin Besseres zu tun hat und hatte, als sich nachmittags um 14 Uhr mal eben „Arabella“ reinzuziehen. Doch wenn er anschließend die Gäste in Kiesbauers Show „Alltagsmenschen“ nennt, wenn er dahinter „wahre Geschichten“ wittert und Kiesbauer leidlich unwidersprochen die „Demokratisierung des Fernsehens“ hochhalten lässt, dann bin ich Pro7 fürs „Arabella“-Aus doch ziemlich dankbar.