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Archiv-Artikel

carsten ramelow Herz des Teams

Fußballfans lieben Fußballspieler, die sich auf waghalsige Abenteuer einlassen, die dribbeln, dem Ball komplizierte Bahnen mit auf den Weg geben, die Tore schießen und Gegenspieler mit einer lässigen Bewegung ins Leere grätschen lassen. Franck Ribéry wird für solch eine Spielweise verehrt, und der derzeit zweitvirtuoseste Vertreter dieses Typs in der Bundesliga ist Bernd Schneider. Beim 3:0 von Bayer Leverkusen gegen den Karlsruher SC bereitete Schneider alle drei Tore vor, doch gefeiert wurde nach dem Spiel ein anderer: Carsten Ramelow, der nach einer Knöchelverletzung erstmals in dieser Saison zum Einsatz kam.

Das lag einerseits daran, dass der defensive Mittelfeldspieler nach dem Schlusspfiff zum Megafon griff und mit den Fans eine wilde Humba tanzte. Zum anderen aber war Ramelow so etwas wie das Herz einer entfesselt spielenden Leverkusener Mannschaft. Es war ein zugleich kräftiger und ruhiger Rhythmus, der die zur freien Improvisation neigenden Mitspieler in der Spur hielt. Ramelow veredelte das Spiel dieses Kollektivs der Künstler durch die Schlichtheit seiner Aktionen mit der nötigen Bodenhaftung und beglückte damit seinen nach zwei torlosen Spielen schon ein wenig unter Druck stehenden Trainer. „Carsten ist ein Leader bei uns im Team, er gibt dem Spiel Struktur“, sagte Michael Skibbe. Eigentlich hatten viele Experten Ramelow, der sich auf der Sechserposition gegen Konkurrenten wie Pirmin Schwegler, Ricardo Faty, Lukas Sinkiewicz und Simon Rolfes behaupten muss, ein langsames Verschwinden voraus gesagt. Doch der 33-jährige Ramelow funktioniert bestens als Säule, an der sich die Jungen orientieren.

„Er hat eine sehr gute Aggressivität an den Tag gelegt, hat sauber und einfach Fußball gespielt, und das tut uns ganz gut, weil wir genug Künstler haben, die für die spektakulären Sachen verantwortlich sind“, lobte Skibbe. Ramelow ist einer jener unauffälligen Spieler, deren bloße Anwesenheit auf dem Platz alle anderen ein klein wenig besser macht. Und solche Typen sind über einen längeren Zeitraum gesehen oft sogar noch wertvoller als Hauptdarsteller vom Schlage Ribérys. DANIEL THEWELEIT