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Archiv-Artikel

bush spricht zur nation Kein Präsident der halben Sachen

Für die einen ist es das Beharrungsvermögen eines starken Präsidenten auch in schwierigen Zeiten, für die anderen die längste Phase machtstrotzenden Starrsinns eines politischen Hasardeurs. US-Präsident Bush hat in seiner Fernsehansprache an die Nation keine Kurskorrektur in Sachen Irak angekündigt, sondern seine Bürgerinnen und Bürger aufs Durchhalten eingeschworen. Die Rede war eine Mischung aus Arroganz, Realitätsresistenz und Unverschämtheit.

Kommentar von BERND PICKERT

Denn jetzt plötzlich mahnt Bush die Welt zur „Verantwortung“ für den Irak. Als ob es nicht seine Regierung gewesen sei, die mit ihrem Angriffskrieg genau jene Situation provoziert hat, die jetzt eingetreten ist und vor der die Kriegsgegner immer wieder gewarnt haben. Als ob Bush selbst nicht noch vor Jahresfrist gedroht hatte, die Vereinten Nationen werden „irrelevant“ werden, sollten sie den Vereinigten Staaten nicht folgen. Und als ob die USA jetzt nicht in einer Position wären, da sie eingestehen müssten, mit den Aufgaben im Irak heillos überfordert zu sein.

Bush steht vor einem in Klump gehauenen Friedensprozess in Palästina. Im Irak patrouillieren die dort stationierten US-Soldaten wie Zielscheiben durch das Land, das gerade deswegen tatsächlich Anti-US-Kämpfer aus der gesamten Region anzieht, das sich selbst kaum entwickelt – und das von politischer Stabilität oder gar Demokratie mindestens so weit entfernt ist wie vor dem Sturz des Diktators Saddam Hussein. Eine Bilanz, die Bescheidenheit gebietet – doch weit gefehlt. Als ob nichts geschehen sei, schwadroniert Bush weiter von der Demokratisierung des ganzen Nahen Ostens, die, von den USA geführt, im Irak ihren Anfang nähme.

Das ist noch nicht einmal die Blut-, Schweiß- und Dollar-Rede, die viele vorher erwartet hatten. Bush versucht einfach, seine Bilanz schön- und die Zukunft rosigzureden. Dabei ist auch von Geld die Rede: 87 Milliarden Dollar mehr will Bush in Militär und Geheimdienste pumpen, und ein bisschen davon soll für den Wiederaufbau in Irak und Afghanistan abfallen. Damit dürfte sich seine bislang einzige große innenpolitische Idee, die permanente Steuersenkung, endgültig erledigt haben.

Schon jetzt hat die Regierung ein rekordhohes Haushaltsdefizit produziert, das es unmöglich macht, auch nur die drängendsten sozialpolitischen Fragen zu beantworten – und die Außenpolitik ist ein Scherbenhaufen. Bush ist kein Präsident der halben Sachen. Er ist auf der ganzen Linie gescheitert.