bürgerentscheid : Eine Reform der Verwaltung
Es ist schon erstaunlich. Während in Zeiten der Krise die eine Verwaltung ihre Schotten dicht macht, öffnet die andere ihre Tore und lädt die Bürger ein zum Mitmachen. In Lichtenberg, Marzahn und fünf weiteren Bezirken stehen sogar Bürgerhaushalte auf der Agenda. Recht haben sie, schließlich stehen Bezirksämter und Bezirksbewohner auf einer Seite der Barrikade. Wo es wenig zu entscheiden, aber viel zu kürzen gibt, kann man ruhig auch teilen. Geteiltes Leid ist schließlich halbes Leid.
KOMMENTAR VON UWE RADA
Das freilich sollte kein Grund sein, der Einführung von Bürgerentscheiden skeptisch gegenüberzustehen. Selbst wenn es auf Landesebene, wo es wirklich etwas zu entscheiden gibt, kein Mehr an Demokratie geben sollte, werden in den Bezirken künftig Erfahrungen gemacht werden, von denen beide profitieren: Verwaltungsmitarbeiter und Bürger. Die einen werden lernen, den Bürger nicht nur als Adressaten, sondern auch als Experten zu sehen. Die andern, was es heißt, abzuwägen und Entscheidungen zu treffen. Das ist gut fürs Vertrauen und schlecht für Politikverdruss.
Vor allem aber ist es auch eine Art von Verwaltungsreform, die nicht ohne Auswirkungen auf die Landesebene bleiben dürfte. Auch dort wird sich früher oder später Bürgerdenken durchsetzen müssen. Dass ein Berliner Innensenator ein Volksbegehren zum Bankenskandal nicht einmal annahm, wird dann nicht mehr so ohne weiteres durchgehen. Das ist dann nämlich auch eine Frage der politischen Kultur.
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