piwik no script img

berliner szenenWachmann vom Huxley’s

Ich war gerade dabei, mein Fahrrad aufzuschließen, das ich an einem Pfosten vor dem Huxley’s an der Hasenheide angeschlossen hatte, um Duschvorhangringe im Bauhaus zu kaufen, als plötzlich ein alter Mann mit seinem Rad gegen diese rot-weiße Stange fuhr, die automatisch hochgeht, wenn ein Auto auf den Parkplatz vom Huxley’s fährt. Vielleicht streifte er sie auch mit dem Lenkrad, auf jeden Fall fiel diese Stange aus ihrer Halterung zu Boden. Der alte Mann rief „huch“, stieg von seinem Rad ab, eilte zur Stange und wollte sie gerade hochheben, womöglich zurück in ihre Halterung stecken, als ein Obdachloser plötzlich „halt“ rief, sein Lager verließ und zu dem alten Mann fast schon rannte. „Liegen lassen“, rief der Obdachlose weiter. „Die geht nicht so einfach da wieder rein.“ Der alte Mann schaute den Obdachlosen verdutzt an und antwortete: „Aber was soll ich denn tun? Ich kann die Stange doch nicht einfach so liegen lassen, weil ja dann die Autos gar nicht mehr durchkommen.“

Als der Obdachlose auf der Höhe des alten Mannes war, meinte er: „Sie müssen zum Wachmann gehen, der kümmert sich um so was. Der sitzt da hinten.“ Der Obdachlose zeigte in Richtung des Bowling-Centers. Ich schaute auch in diese Richtung, sah keinen Wachmann, kein Wachmannshäuschen und wusste bis eben auch nicht, dass es einen Wachmann auf dem Parkplatz vom Huxley’s gibt. „Wo soll der sein?“, fragte der alte Mann. „Na da!“, sagte der Obdachlose und zeigte wieder in Richtung des Bowling-Centers. „Na gut, dann werde ich mal suchen“, sagte der alte Mann.

Als ich am nächsten Tag wieder auf der Hasenheide mit dem Fahrrad unterwegs bin, schaue ich zum Parkplatz. Der Obdachlose und sein Lager sind verschwunden. Aber die rot-weiße Stange steckt in ihrer Halterung, als wäre sie nie heruntergefallen. Eva-Müller-Foell

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen