berliner szenen: Ganze 96 Cent gespart
Ich brauche Uhu. Also so eine klassische Tube Papierkleber. Also gehe ich am Samstagvormittag in die Shopping-Mall. Bei uns in Pankow sagt man: „Ich geh ins Zenter.“
Das ist so ein Wochenendding, Samstagmorgen geht man ins „Zenter“, so wie man woanders auf den Wochenmarkt geht. Das Center ist kein besonders tolles. Früher gab es mal ein gutes Schreibwarengeschäft. Jetzt nur noch ein schlecht sortiertes. Und in diesem steht nun an der einzigen Kasse eine lange Schlange. Wegen einer Tube Klebstoff stell ich mich da jetzt nicht an. Ich habe nämlich schon in der Post zwanzig Minuten für Briefmarken angestanden. Zum Glück gibt es noch so einen Billig-Ramsch-Laden ein Stockwerk höher, die haben auch Schreibwaren. Und richtig: Ich bin die einzige Kundin an der Kasse. Hinter mir kommt eine Frau mit einem Stapel Bilderrahmen. Das sehe ich aber erst, als ich schon bezahlt habe.
Mist, Bilderrahmen bräuchte ich auch. Im Regal stehen noch genau zwei in den Größen, die ich gerne hätte. Es sind die ganz einfachen, billigen, ich schau nicht auf den Preis. „Nächste Woche sind die in der Reklame“, sagt die Frau an der Kasse, als ich zahlen will. Es braucht etwas, bis ich verstehe, was sie meint. „Zwei Euro“, sagt sie, den Kaufvorgang abschließend. Ich schiebe ihr ein Geldstück zu. „Aber nächste Woche sind die in der Reklame.“ Wie zur Bekräftigung drückt sie mir den Werbeprospekt in die Hand. Beim Rausgehen überlege ich, was Ein-Euro-Bilderrahmen wohl kosten, wenn sie im Angebot sind. Zu Hause mache ich mir einen Kaffee und blättere im Prospekt. „68 Cent“ für alle Größen. Bei dem Gedanken „wenn ich zehn kaufe, spare ich 3,20 Euro und wenn ich gleich hundert nehme …“ komme ich mir vor wie Loriot. Leider brauche ich noch maximal drei Rahmen. Ich spare 96 Cent.
Gaby Coldewey
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