berliner szenen: Heiliges Bumbum in der Kirche
Der DJ, der von seiner Kanzel der Gemeinde im Club den Katechismus des Techno verkündet, quasi wie der Pfarrer in der Kirche das Wort Gottes – diese Analogie wird gern bemüht.
Letzten Freitag dagegen war das Bild mit dem predigenden DJ wortwörtlich zu nehmen. Robert Hood, Techno-Koryphäe aus Detroit, legte in der St.-Thomas-Kirche am Mariannenplatz auf. Und das tatsächlich im Rahmen eines regulären Gottesdienstes. Und der ordinierte Pastor, er leitete dann auch noch die Messe.
Die Schlange, die sich vor der Kirche bildete, konnte durchaus mit der mithalten, die vor dem Berghain üblich ist. Nur ging alles schneller voran, und es wurde niemandem der Einlass verwehrt.
Zwei Pastorinnen führten ein in den Gottesdienst, der sowohl im Gedenken an die Reichspogromnacht vor acht Dekaden als auch an den Fall der Mauer von 1989 begangen wurde.
Die Gemeinde wurde aufgefordert, sich zu setzen. Doch kaum saß man auf dem nackten Boden, tauchte auch schon Robert Hood auf und legte los mit einem ersten kurzen DJ-Set. Er spielte eine Form von Techno, der man ihre Einflüsse im Gospel jede Sekunde lang anhörte. Hoods Bumbum kommt aus der Kirche – und, das konnte man nun erleben, es passt auch hierher.
Der DJ predigte dann noch eine ganze Weile. Ganz unten sei er gewesen, doch Gott habe ihn gerettet, solche Dinge halt. Dann sorgten Mitglieder des Chors der Kulturen der Welt für besinnliche Stimmung, Hood legte nochmals auf, es wurde geklatscht und getanzt. Die Kirche wurde zum Club und blieb irgendwie doch Kirche.
Am Ende standen die Leute vor dem predigenden DJ Schlange für Selfies – und vielleicht auch für Segnungen. Andreas Hartmann
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