ausstellung : Stachlige Ästhetik schafft Distanz
Kalkweiße Gesichter wie unter UV-Licht. Überklare Blicke aus grünen oder braunen Augen. Schillernde Schatten und harte Konturen vor nachtblauem Hintergrund. Christoph Schellbergs Porträts sind voller Kontraste, nicht nur in Licht und Farbe, auch in der Wirkung: Die bis zu sechs Quadratmeter großen Acrylgemälde zeigen riesige Gesichter, die den Rahmen sprengen, sich durch ihre schiere Größe ganz nah an den Betrachter herandrängen – nur um dann mittels einer scharfkantigen, fast stachligen Ästhetik schnell wieder auf Abstand zu gehen.
Schellbergs Bilder in der Galerie Jablonka sind neue Arbeiten des 1973 geborenen Künstlers, der in Köln lebt und in Düsseldorf arbeitet. Und der am liebsten Künstlerkollegen porträtiert, darunter so berühmte wie Jeff Koons. Die kühlen Konterfeis entstehen auf der Basis von Fotos, die er von seinen Modellen macht.
Die fertigen Gemälde haben mit Fotorealismus allerdings wenig zu tun. „Ich würde mich als reinen Licht- und Farbmaler betrachten“, sagt Schellberg, der in seinen Porträts versucht, einen bestimmten Typ darzustellen und die richtige Nuance zu treffen. Dabei liegt über allem das klare Bekenntnis zur unverwechselbaren Künstlerhandschrift und zu einer Ästhetik, die an die eckige Opulenz des Art Déco oder die glatte Stilisierung der Pop Art erinnert – ein Pop Art Déco.
Das Porträt. Dutzende Male totgesagt und doch nicht totzukriegen – in diesem Sommer hat es Konjunktur, zumindest in Kölner Galerien. Und so ganz wird nicht klar, wie es weitergeht mit dem menschlichen Abbild, die Konturen bleiben blass. Während bei Jablonka ein Künstler die Vielfalt der Modelle seinem doch sehr festgelegten Stil unterordnet, zelebriert das „Büro für Fotos“ eine Vielfalt der Stile, die Ordnung und klare Linie vermissen lässt.
Denn die dort gezeigte Auswahl an Porträtfotos und Zeichnungen verschiedener KünstlerInnen ist zwar interessant, doch auch sehr beliebig: Naturalistische Aufnahmen von Benno Schlicht, mit Pathos beladene Arbeiterfotografien von August Sander, Cindy Shermans schrille Eigeninszenierungen, Menschen in der Landschaft und in der Werbung – all das hängt etwas willkürlich nebeneinander, und man fragt sich: Was kann, soll, will das Porträt eigentlich sein – jetzt und in Zukunft? Ein Spielplatz der Bildsprachen, auf dem sich die KünstlerInnen stilistisch austoben, während die Abgebildeten schon längst nicht mehr mitspielen? Oder doch ein Ort der Suche nach Facetten von Individualität, die Urlaubsdia und Fotohandy nicht einfangen können? Der Kölner Porträt-Sommer bietet keine Antworten, aber immerhin ein paar künstlerische Positionen. Holger Möhlmann
„Christoph Schellberg: New Portraits“: Jablonka Galerie, Lindenstr. 19, Di-Fr 11-13 und 14-18.30, Sa 12-16 Uhr, bis 30. 7; „Das Fragile im Portrait“: Büro für Fotos, Schaafenstr. 25, Di, Do, Fr 13-18, Mi 13-21, Sa 11-16 Uhr, bis 28. 7