ausgehen und rumstehen : Unter Jusos
Zuerst eine kleine Gegendarstellung, oder, wie sagt man auf Kuba, Selbstkritik: Anders als in meiner letzten Kolumne behauptet, hat Manuel Andrak keineswegs mit großmannssüchtigem Habitus die Endart-Galerie betreten, vielmehr betrat er sie in seiner gewohnt sympathischen Art. Auch hat er nicht, wie ich schrieb, „den ganzen Laden gekauft“, sondern lediglich ein Bild. Zu guter Letzt war ich mitnichten Augenzeuge des Geschehens, sondern mein Informant. Ich wollte lediglich den Unterhaltungswert meines Beitrags steigern.
So. Jetzt, wo ich mit gutem Beispiel vorangegangen bin, kann sich die taz ja auch mal entschuldigen für ihr merkelkritisch gemeintes „Apocalypse Frau“-Titelbild. Ich meine, stellt euch mal vor, der Feminismus wäre die Polkappen, und die Schlagzeile wäre gar nicht in eine Zeitung gedruckt worden, sondern mit tausend Tonnen Haarspray an den Himmel geschrieben. Das fänden ja dann auch alle doof.
Draußen im Park fand sich am Wochenende auf der Tagesdecke einfach keine bequeme Stellung für meine Zeitschrift und mich. An ein Gespräch war nicht zu denken, denn meine Bekannten waren von der Hitze dumm geworden. So schlief ich ein, wobei mir die Wurstdüfte verschiedener Kulturen in die Nase stachen.
Im Axel-Springer-Haus empfing uns tosend die deutsche Nationalhymne. „So gehört sich das“, dachten wir, mussten aber enttäuscht feststellen, dass es sich nur um die Übertragung des Pokalendspiels handelte. Aber warum waren wir überhaupt gekommen? Die „Berlin Bunny Lectures“ hatten ihr erstes Gastspiel: vor den Mitgliedern eines Kongresses der Juso-Hochschulgruppen im „Cabaret Kartoon“ im Axel-Springer-Haus. Man war sozusagen in der Höhle der Höhle der Höhle des Löwen.
Die versammelten Gäste schockierten mich mit ihrer Jugend. Normalerweise nehme ich Menschen, deren Altersunterschied zu mir unter10 Jahren beträgt, als quasi gleich alt war. Aber hier, zwischen den wie frisch gekalbt um mich rumstaksenden Jusos mit ihren Ringel-T-Shirts und ihren aufgeräumten, von pragmatischen Wünschen erfüllten Gesichtern fühlte ich mich wie Gandalf. Die Show der „Bunnys“, deren Charme an sich in einem subtilen, als altkluge Einfalt verkleideten Witz besteht, wurde nur auf der Ebene seiner Verkleidung wahrgenommen, das aber dafür begeistert. Die anschließende Party ließen wir uns natürlich entgehen. Wir wechselten den Ort und ich jetzt die Zeit.
Im „Licht“ ist es heiß. Es spielen die „Sighs“ – zwei kleine Männer, deren einen ich an dieser Stelle bereits als „deutschen Anne Clark des Urban Blues“ bezeichnete. Hinter der Bar steht Vinita, die sich mit ihrem Drink „Vinita Spezial“ identifiziert wie Jesus mit seinem Rotwein. Das deutet unsere Gier aufs Glücklichste in Nächstenliebe um. Als das Eis aus ist, gehen die anderen noch ins „Bassy“. Heut sei doch letzter Abend. Wenn man einen Cowboyhut aufhabe, komme man umsonst rein, und mit ganz großem Glück lege der begnadete Country-DJ „Meyer Lansky“ auf. Ich aber will mit so einer indianermordenden, prärevolutionären Korruptionsgewinnlerscheiße nichts zu tun haben und reite in den Sonnenaufgang.
JENS FRIEBE