attac im wahlkampf : Auf Crashkurs
attac steckt drin im NRW-Wahlkampf. Aber bei aller hektischen Betriebsamkeit zwischen Anti-Regierungsdemos und Kampagnen-Aktivismus, stellen sich viele der 5.000 attac-Aktivisten bange Fragen: Was ist unsere Partei für den 22. Mai? Wie sollen wir Einfluss nehmen auf den Ausgang der Wahl an Rhein und Ruhr? „Genug für alle“, so lautete das letzte Kampagnenmotto von attac. Was als Hinweis auf eine neue ökonomische Verteilungslogik gemeint war, funktioniert mit Blick auf die zur NRW-Wahl antretenden Parteien nicht. SPD, CDU, FDP, Grüne, WASG, PDS? „Genug für alle“? Aus attac-Sicht wohl kaum.
KOMMENTAR VONMARTIN TEIGELER
Die in Umfragen führenden Schwarzen und Gelben sind für die allermeisten attac-Mitglieder wohl ebenso wenig wählbar wie die Agenda-2010-SPD und die Hartz-IV-Grünen. Das Konstrukt des angstgeleiteten Lagerwahlkampfs verfängt derzeit nicht in NRW. Anders als noch bei der Bundestagswahl 2002 haben Rote und Grüne Probleme, sich linken unabhängigen Wählerinnen und Wählern als das „kleinere Übel“ zu präsentieren. Jürgen Rüttgers ist nur langweilig, als Quelle linker Mobilisierung ist er deshalb weitaus weniger nützlich als damals CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber.
Auch die chancenlose Filiale PDS-NRW wird nicht als Alternative wahrgenommen. Und die neue Gewerkschafterpartei WASG? Wer wie die attac-Leute den Anspruch hat, global zu denken, dürfte mit Bürokratisierungsphantasien à la „Eine Million neue Jobs im Öffentlichen Dienst“ wenig anfangen können.
Tragisch wird es allerdings, wenn Orientierungslosigkeit umschlägt in Wunschdenken. Einige attac-Vordenker befinden sich auf inhaltlichem Crashkurs, wenn sie auf Reformkorrekturen im Falle einer rot-grünen Wahlniederlage hoffen. Wenn die Mitte-Links-Koalition in Düsseldorf abgewählt wird, werden CDU/CSU/FDP, Arbeitgeber und präsidiale Sonntagsredner alles blockieren können, was hierzulande progressiv und sozialstaatlich werden soll.