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Archiv-Artikel

antonio da silva Ex-Jammerlappen

Nur langsam erfuhr Antonio da Silva an diesem Tag Gerechtigkeit. Seine Fußballklamotten sahen schmutzig aus, voller Grasflecken und Erde. Er hatte gekämpft. Mehr als sonst. Aber Leverkusen führte 3:0. Für die Zuschauer stand fest: Er war mit schuld. Wie immer. Seit er in Karlsruhe spielt, ist das so.

Seit der 30-Jährige als Nachfolger von Tamas Hajnal kam und sich zeigte, dass er anders ist als der kleine Ungar, der immer lief, kämpfte und rackerte. Da Silva ist nicht so torgefährlich, sensibler und nicht oft in der Lage, der unumschränkte Lenker zu sein. Freistöße kann er schießen, Pässe spielen – aber ein Kämpfer? Umso erstaunlicher seine Leistung gegen Leverkusen. Da Silva – kämpfte. Verzweifelt zuerst, dann mit Glück und Effizienz. „Er wird nie ein Malocher werden“, sagte sein Trainer Edmund Becker später. „Aber wir müssen schauen, dass wir das ausgleichen. Das heute war ein Ansatz.“ Es klang, als habe sich da einer eine zweite Chance erspielt.

In dieser Partie war da Silva der Beste. Der Mann, den die Fans mit Hohn und Spott und Pfiffen gequält hatten, leitete mit einem – von Kießling allerdings abgefälschten – Freistoßtor zum 1:3 die Wende ein. Dann bereitete er das 2:3 vor. Der Mann aus Brasilien, in Mainz einst als Held gefeiert, nun von Stuttgart als gescheiterte Figur zum KSC verkauft, ackerte auch vorm 3:3. So gut er konnte. „Ich freue mich für ihn“, sagte Christian Eichner. „Er will alles geben und leidet sehr. Wenn er so spielt wie heute, renne ich mir gerne die Lunge raus für ihn.“ Da Silva litt wirklich. Während der Woche gab er ein Interview, das klang, als suche da ein Depressionspatient einen Ausweg aus der Finsternis. „Ich bin ziemlich niedergeschlagen. Ich wollte hier Führungsspieler sein.“ Bei den Fans und bei ein paar Kollegen aber war er unten durch. Da Silva, der Sündenbock.

Er rebellierte dagegen, aber nicht durch Leistung auf dem Rasen, er verkroch sich wie ein weidwundes Tier. Als er sich kurz vorm Derby gegen Hoffenheim verletzte, schien er erledigt. Von eingebildetem Kranken bis zum Jammerlappen gab es vieles, was man ihm vorwarf. Bis zum Spiel gegen Leverkusen. „Das war nicht nur für mich wichtig, das war für die ganze Mannschaft wichtig. Wir haben gezeigt: Wenn wir an uns glauben, können wir eine richtig unangenehmer Gegner sein“, sagte da Silva. Wenn das nicht nach Ausweg aus der Krise klingt. OLIVER TRUST