american pie : Der Zigarrenmann
Red Auerbach, legendärer Boss der Boston Celtics, ist tot. Sein Verdienst: Er hat die NBA für schwarze Basketballprofis geöffnet
Die Luft wird brennen heute Nacht im Garden. Die Boston Celtics starten in die neue Spielzeit der NBA mit einem Spiel gegen die New Orleans Hornets und der Hoffnung, diese Saison könnte erfolgreicher verlaufen als die letzte. Die Luft wird brennen im Garden – und sie wird besser sein als im vergangenen halben Jahrhundert. Denn erstmals seit 56 Jahren wird Red Auerbach, passionierter Zigarrenraucher, das Eröffnungsspiel verpassen.
Als am vergangenen Samstag das Herz von Arnold Jacob Auerbach aufhörte zu schlagen, ging eine Ära zu Ende. Auerbach, 89, war die zentrale Figur des neben den New York Yankees erfolgreichsten und legendärsten Sportunternehmens in den USA. Unter seiner Ägide als Trainer, Manager und schließlich Präsident gewannen die Celtics 16 NBA-Titel. In den letzten, weniger erfolgreichen Jahren, hatte Auerbach die tägliche Arbeit an seine Nachfolger übergeben, wurde aber bei allen wichtigen Entscheidungen konsultiert.
Auerbach war ein Pionier der Liga, zu deren Erfolg seine Teams mit attraktivem Fastbreak-Basketball beitrugen. Er holte Talente wie Bob Cousy, Bill Russell und später Larry Bird nach Boston, wo sie Superstars wurden. Und er hatte viele Gelegenheiten, sich seine Zigarren anzustecken – gern auch vorm Abpfiff auf der Bank. Neun NBA-Titel sammelte er als Trainer, ein Rekord, den er sich erst seit einigen Jahren mit Phil Jackson teilen muss.
Der untersetzte Auerbach war ein Original aus einer guten, alten Zeit, in der in der NBA noch nicht ausnahmslos Millionäre spielten. Sein Händchen bei der Auswahl von Talenten war ebenso legendär wie seine Schimpfkanonaden vom Spielfeldrand und Handgreiflichkeiten gegen andere Team-Besitzer. Noch mit 66 stürmte er aus den Rängen aufs Spielfeld, um sich mit dem drei Köpfe größeren 76ers-Center Moses Malone anzulegen.
Er wirkte zwar stets wie ein Unikum, war aber auch in der Lage, sich über Jahrzehnte hinweg den sich verändernden Gegebenheiten anzupassen. Er war, wie selbst Koby Bryant feststellte, „seiner Zeit voraus“. 1950, in seinem ersten Jahr bei den Celtics und erst drei Jahre nachdem Jackie Robinson die Rassenschranken im Baseball niedergerissen hatte, durchbrach er die Apartheid in der NBA und draftete mit Chuck Cooper erstmals einen schwarzen Spieler bei der alljährlichen Verteilung der besten College-Spieler. „Ein Mensch war für mich immer ein Mensch“, sagte er Jahre später, „wenn einer besser war, dann sollte er auch spielen.“ Also schickte Auerbach 1963 als erster NBA-Coach fünf Afroamerikaner in der Startformation aufs Feld, und als er sich 1966 auf die Manager-Tätigkeit beschränkte, machte er seinen Center Bill Russell zum ersten schwarzen Chefcoach der Liga, der prompt als Spielertrainer zwei weitere Titel holte. Später benutzte er eine Lücke im Regelwerk der NBA, um sich die Rechte an Larry Bird zu sichern und die letzte glorreiche Zeit der Celtics einzuleiten, die mit dem bislang letzten Titel 1985 endete. Im selben Jahr bekam er sein Denkmal. Als Statue sitzt Red Auerbach auf einer Bank im Zentrum von Boston, mit einer Zigarre in der Hand. THOMAS WINKLER