alle für den frieden (12) : Erotopazifismus
Kopulieren gegen Krieg
500.000 waren auf der Demo gegen einen neuen Krieg am Golf. Die ganze Nation eine Friedensbewegung? Die taz stellt täglich vor, wer sich so rührt.
Sie ist vielleicht die hartnäckigste aller FriedensdemonstrantInnen: Seit 1983 steht die 81-Jährige Tag für Tag um halb zwei am Fuß der Gedächtniskirche und versucht, Passanten in Gespräche zu verwickeln. Auch am vergangenen Samstag war sie dort, umgeben von der protestierenden Masse. Der hatte sie einiges zu erzählen. Helga Sophia Goetze – auf den banalen Familiennamen würde sie lieber verzichten – hat ein Lebensmotto: „Ficken ist Frieden“. Sie sagt es oft und mit Inbrunst, und es schockiert Passanten immer wieder. Ihren Traum von einem lustvollen Matriarchat, in dem „Frauen ab 40“ den Ton angeben, illustriert sie mit selbst gestickten, sehr expliziten Stoffbildern.
Ob sie auch gegen einen Irakkrieg ist? Klares Ja. Dabei ist Helga Goetzes Erotopazifismus so radikal, dass er sich mit dem Tagesgeschäft kaum noch aufhält. Krieg, weiß Goetze, war schon immer Ausdruck und Legitimation destruktiver Männertriebe: „Vergewaltigung im Krieg geht in Ordnung, das ist doch Folklore“, haben ihr Männer gesagt. George W. Bush müsste nicht eine Rakete aufrichten, wäre diese Gesellschaft nicht „seit 6.000 Jahren“ derart verlogen und verklemmt. Krieg als Produkt entfremdeter Sexualität also – in den Worten der passionierten Dichterin Goetze klingt das freilich etwas drastischer: „Nun gut, liebe Papas in Kirche und Heer, / dann vögelt mit Granaten und liebet nicht mehr. / Und die Emanzipation füllt die Köpfe mit Schmuh, / und das Vögeln bleibt krankhaft und nennt sich Tabu!“ CLP
Morgen: Frieren für den Frieden