a ùltima verdade : Der Tod kommt beim Fußball
DAS WORT AUS DEUTSCHLAND: Es sind die Spieler selbst, die die Todesfälle zumindest indirekt zu verantworten haben
Wenn eine Fußballmannschaft um einen Verstorbenen trauert, tragen beim nächsten Spiel alle Mann schwarze Kapitänsbinden. Meist ist es der Tod eines Funktionärs oder ehemaligen Spielers, zu deren Ehrung der Trauerflor angelegt wird. Bei der EM wurde diese Würdigung sogar jenem britischen Fan zuteil, der nach einer Messerstecherei in Lissabon seinen Verletzungen erlag. Zu seinem Gedenken trug die englische Nationalelf geschlossen Schwarz. Eine große Geste.
Tatsächlich ist der Tod beim Fußball weitaus gegenwärtiger, als es solche gelegentlichen Trauerbekundungen vermuten lassen. Vor allem bei großen Turnieren wie der itzo stattfindenden Europameisterschaft schlägt er an manchen Spieltagen gleich dutzendfach zu, ohne dass dies von der Uefa jemals groß an eine Todesglocke gehängt oder gar in den Stadien eine solche gebimmelt worden wäre. Von einer Schweigeminute oder einer Trauerbeflorung sämtlicher Spieleroberarme ganz zu schweigen, was allerdings das Mindeste wäre. Denn die gruselige Wahrheit ist: Es sind die Spieler selbst, die diese Todesfälle zumindest indirekt zu verantworten haben.
Nach einer Untersuchung der Universitätsklinik Utrecht steigt nämlich bei entscheidenden Turnierspielen das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko bei Fernsehzuschauern deutlich. Vor allem in den K.-o.-Runden schlägt der Herzkasper gerne zu, und wenn es in die Verlängerung oder gar ans Elferschießen geht, stehen in den spielbeteiligten Ländern sämtliche Kardiologen mit dem Defibrillator bei Fuß. Besonders gefährdet: übergewichtige, latent durstige und stressanfällige Männer ab 45. Am Tag, als Holland bei der EM 1996 im Elferschießen ausschied, starben aus dieser Risikogruppe mit 41 Holländern doppelt so viele wie an vergleichbaren, jedoch spielfreien Tagen. Eine nicht ganz so erschütternde, gleichwohl auch recht hohe Todesquote wurde bei der WM 2002 für Großbritannien ermittelt: Während des Achtelfinales England gegen Argentinien verschieden 25 Prozent mehr Briten durch Herzinfarkt, Schlaganfall, Selbstverletzung oder Straßenunfälle als zu ballspiellosen Zeiten.
Für die laufende EM liegen aus den Ländern der Endrundenteilnehmer noch keine Opferzahlen vor. Gemessen am zum Teil nervenzerreißenden Verlauf der bisherigen Finalspiele muss jedoch aller statistischen Wahrscheinlichkeit nach mit einer hohen Todesrate gerechnet werden. Und für Sonntag wünsche sich bitte niemand ein Herzschlagfinale. Für etliche Portugiesen oder – je nachdem – Tschechen oder Griechen ab 45 wird es nämlich wirklich eins. Ich werde ihrer nach Abpfiff in einer Schweigeminute gedenken. FRITZ TIETZ