Wochenübersicht: Kunst : Pamela Jahn schaut sich in den Galerien von Berlin um
Dass man in Berlins Galerien nach skandinavischen Künstlern längst nicht mehr suchen muss wie etwa nach der besagten Nadel im Heuhaufen, fiel bisher gemeinhin kaum auf. Dieser Tage hingegen weht es umso nordisch-frischer durch die Ausstellungsorte der Stadt. Allen voran der Hamburger Bahnhof, wo man sich in der Ausstellung „Berlin North“ nun einen umfassenden Überblick über die Bandbreite bildender Künstler und Projekte aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden verschaffen kann, die es seit dem Mauerfall verstärkt in die Stadt zog. Noch einen Tag bevor SparwasserHQ ihren temporären Projektraum im Hamburger Bahnhof einrichtete, wurde in den eigenen Galerieräumen in der Torstraße die neue Gruppenausstellung „push the envelope!“ eröffnet. Hier stellt etwa der Däne Lars Mathisen seine neue Videomontage „Document in the Past Perfect“ vor, in der er sich mit dem trügerischen Gesetz der Freiheit in den Zeiten von Krieg und Wiederaufbau beschäftigt. Mathisen kombiniert darin Filmausschnitte aus dem Privatarchiv einer dänischen Familie mit Sequenzen aus einem Softporno, was stellenweise durchaus irritierende Interferenzen schafft. Dagegen sind die sechs norwegischen Künstler, die in der Galerie Kai Hilgemann das Verhältnis von Nationalität und Identität befragen, auf den ersten Blick eher versöhnlich gestimmt: Da setzt Bente Geving den mütterlichen Wohnzimmerkitsch fotografisch in Szene, lässt Liv Mette Larsen Silhouetten des Potsdamer Platzes in gelb-orange-roten Bildquadraten aufleuchten. Ein Hauch von Verstörung weht allein durch die begehbare Videoarbeit von Anders Tomren: Beim Warten auf das Zuschlagen der vier Türen, die im Durchzug einer leer stehenden Wohnung tückisch hin und her taumeln. Den unaufmerksamen Betrachter trifft der Knall ins Genick.