Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Die Alzheimer-Krankheit beschäftigt Theatermacher immer wieder: jene altersbedingte Ablösung des Körpers vom Bewusstsein, das sich ins Nirgendwo verflüchtigt. Das Choreografenduo Marina Quesada und Hermann Heisig zeigt mit seiner Truppe Moderne Nerven Produktion ab Donnerstag im Dock 11 den Tanzabend „Abhanden kommen/die Landschaft“, der von Alzheimer-Symptomen inspiriert das Bild einer Welt in der permanenten Gegenwart entwirft, aus der das Gefühl für Vergangenheit langsam verschwindet. Wie gnadenlos das Bewusstsein zur quälenden Instanz werden kann, davon konnte die Dramatikerin Sarah Kane ein Lied singen, deren nachgelassenes Stück „4.48 Psychose“ sich wie der verzweifelte Kampf eines Individuums gegen die zerstörerischen Kräfte seines Bewusstseins liest. Im Rahmen von Spielzeiteuropa gibt es im Haus der Berliner Festspiele ein hochkarätiges Gastspiel des Pariser Théàtre des Bouffes du Nord, das Claude Régys gefeierte Inszenierung von Kanes letztem Drama zeigt. Es spielt Isabelle Huppert. Auch im Hau sind in dieser Woche die Abgründe der Seele Gegenstand eines Theaterabends, und zwar die der Hollywood-Schauspielerin Frances Farmer, von der man bis heute nicht weiß, ob sie wirklich verrückt oder nur eine ungeschickte Rebellin war. Jedenfalls hat ihr Schicksal in den letzten 25 Jahren immer wieder die Fantasien beschäftigt. Sogar Nirvana haben ihr einen Song gewidmet. Nun begibt sich die KünstlerInnengruppe Dorothy Vallens in ihrer Produktion „Being Frances Farmer“ auf die Spur des Stars, der in den Vierzigern durch die Höllen von Hollywood und der amerikanischen Psychiatrie gegangen ist. Wem das alles entschieden zu anstrengend ist, dem wird die Flucht in den Friedrichstadtpalast empfohlen. Denn dort hat heute Abend die große Weihnachtsrevue „Jingle Bells 2005“ Premiere.