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Wieso immer Punk?

„Kauf mich!“ heißt die just erschienene neue Platte der Toten Hosen. Zynisches Statement zur Zeit oder Weizsäckerisierung des Punk? Das große, kontrovers geführte taz-Interview mit Sänger Campino  ■ Von Thomas Groß und Jörg Lau

taz: Auf eurer neuen Platte gibt es Songs gegen Rechtsruck, gegen Kinderpornographie, gegen Aids, gegen Kettensägen in Jugendzimmern, gegen das Unbehagen in der Kultur, gegen Machismo à la Rambo – fehlen eigentlich nur noch die Themen Metallerstreik, Solidarpakt und Pflegeversicherung...

Campino: Da liegst du ganz falsch, es gibt noch viel, viel mehr. Zum Beispiel ist kein Lied über das Waldsterben auf der Platte. Hast du da schon mal drüber nachgedacht? Es ist eben nur Platz für 15 Lieder da.

Wollen die Toten Hosen denn jetzt alles ausbügeln, was die Politiker verbockt haben?

Wieso? Machen wir irgendeinen Lösungsvorschlag oder was?

Es ist eine sehr correcte Platte.

Das weiß ich gar nicht. Wenn du ein Stück wie „Gute Reise“ nimmst, da haben wir gedacht, daß mehrere Leute darüber sauer sein könnten. In meinen Augen hätte das ein Fall für die Zensur sein können. Genauso bei „Alles aus Liebe“, da könnte man auch Ärger für kriegen.

Warum?

Weil das nicht – in Anführungsstrichen – ein vernünftiges Lied ist. Mit dem, was in der Konsequenz passiert, wenn der Typ sich am Ende umlegt. Da hab' ich jetzt schon den Vorwurf im Ohr, daß die Leute das nachmachen könnten. Also ich glaube nicht, daß das eine sozialdemokratische Platte ist.

Da hast du unseren Eindruck ganz gut rausgehört.

Weißt du, ich find' das irgendwie albern. Wir haben drei Jahre lang keine deutschen Lieder mehr gemacht, die Verhältnisse haben sich erdrutschmäßig verändert, es gab einfach, unbeabsichtigt, viel Wut, viele Dinger, zu denen du etwas sagen wolltest. Wir haben 30 Lieder zur Auswahl gehabt, und da hat jeder dann einfach seine 10 Lieblingslieder aufgeschrieben, ohne daran zu denken, welche Sparten man damit abdeckt oder nicht. So ein Lied wie „Drunter, drauf und drüber“ zum Beispiel ist doch ein piss take. Alle möglichen Leute singen ganz betroffen über Aids, was wir machen, ist ein Witz dazu. Und wo du mich auf den „Hot Club Video Club“ anquatschst: das ist auch kein Betroffenheitslied, das ist einfach aus der Situation von so'm Typ. Es geht darum, daß Leute nur noch'n Kick kriegen in so Extremsituationen, da kannst du Reality TV hernehmen oder irgendwas. Ich sag ja nicht: Dududu, hör auf damit.

Na, es ist schon eine Kampagnen-Platte. Wenn man „Sascha, ein aufrechter Deutscher“ als Zentrum nimmt und dann die ganzen übrigen Themen und Aktivitäten drumrum...

Das seh' ich nicht so, kann ich auch gar nicht folgen. Nimm das letzte Lied auf der Platte, das kommt, nachdem die Platte eigentlich schon 10 Minuten zu Ende ist, das nirgendwo draufsteht. Da geht's null um irgendwelche Werte. Ich tu' mich schwer mit der Beschreibung von eigenen Liedern, aber es geht einfach um jemand, der guckt, wen er umlegen kann, weil das Wetter so schön ist. Also Kampagnenplatte... Aber da muß ich euch als Hörern freien Raum zur Interpretation geben, das ist dann euer Bier.

Es gibt ein Lied, das ist bestimmt nicht ironisch und auch nicht zynisch: „Willkommen in Deutschland“. Das ist eindeutig, das ist ein Statement.

Um das noch mal klarzustellen mit dem Sascha-Lied: Gerade am Wochenende habe ich wieder 'nen Dreizeiler gelesen, wie einer von Rechten erstochen wurde, ein Ausländer, latent ist die Ausländerfeindlichkeit immer da, da brauchen wir gar nicht drüber zu reden. Bei „Sascha“ haben sich nun viele in die Hosen gemacht, das sei zu zweideutig, zu mißverständlich. Für mich war klar, daß das Thema so dick war, daß es das verdient, auch noch aus einem anderen Blickwinkel betrachtet zu werden, und zwar relativ platt, aber dafür voll eindeutig. Das war eben dann „Willkommen in Deutschland“. Stücke gegen Rechts gibt es übrigens auf jeder Platte von uns, auf der „Opel- Gang“-LP zum Beispiel geht es um die Beziehung zwischen einem türkischen Mädchen und 'nem deutschen Jungen, der Schiß hat, die nach Hause zu holen, weil dann der Ruf im Arsch ist, also so was kommt bei uns dauernd vor.

Ist auf der neuen Platte nicht doch eine gewisse Abkehr festzustellen von Ur-Punk-Werten wie „Ficken, Bumsen, Blasen“?

Als wir begonnen haben, war die Punk-Bewegung schon tot, mit allem, was da ideologisch dranhängt. Was ist heute noch Punkrock, wer ist Punkrocker, das ist doch Blödsinn! Das sind ein paar Buchstaben, hinter denen ich mich nicht verstecken will. Klar, wir haben unsere Wurzeln, und vieles von dem, was intern an Ideologie da ist, versuchen wir rüberzuretten, zum Beispiel Eintrittspreise: die müssen bei uns erschwinglich sein, wenn wir alleine spielen, sind sie nicht höher als 20, 23 Mark. Im Verhältnis zu anderen Bands, die solche Hallen spielen wie wir, ist das ein Witz. Weil wir 'ne Kalkulation haben, daß wir auch so durchkommen, wir verkaufen ja schließlich auch Platten. Abgesehen davon: Das Lied „Ficken, Bumsen, Blasen“ haben wir damals gesungen, weil wir uns gesagt haben, es gibt keine andere Gruppe der Welt, die sich traut, so peinliche Textzeilen öffentlich als Lied auszugeben.

Das ist eben Dada.

Was weiß ich, was das ist. Ich beschäftige mich nicht mit dem Definieren, sondern mit dem Machen von Sachen. Nimm „Eisgekühlter Bommerlunder“. Das haben wir geschrieben vor 12 Jahren, da waren wir Anfang 20, also 18, 19. Da war das 'ne Provokation, sich hinzustellen und zu sagen: Ich bin 18, 19 und hab' nichts Besseres zu tun, als mir einen in die Rübe zu ziehen den ganzen Tag. Das hat die Leute geschockt. Also du darfst die Zeitkomponente nicht vergessen. Heute singt jede Spießerband vom Saufen, da verkrampf' ich mich doch nicht und sag: nur wegen „Punkrock“, diesen vier Buchstaben, muß alles immer so bleiben.

Macht ihr euch Gedanken über Zielgruppen?

Überhaupt nicht. Wir können doch nicht die Tür hinter uns zu machen und ein Lied herstellen, weil wir davon ausgehen, daß das x und y hören werden. Wenn es irgend etwas gibt, was bei uns nachweisbar ist, dann doch wohl, daß wir auf unseren Platten immer versucht haben, das zu verwirklichen, was uns gefällt. Bei der „Learning English“, der Vorgängerplatte, waren wir die ersten, die überrissen haben, daß das, was wir hören, noch lange nicht das ist, was unsere Fans gerne hören.

Du hast davon gesprochen, mißverstanden zu werden. Was bedeutet es für euch, wenn ihr neue Sachen macht und es gibt da so ein Klima der Verdächtigung?

Wir machen unser Zeug nur für uns, und wenn das noch jemand hören will – um so besser. Wir arbeiten mit dem Stilmittel Ironie, genau wie wir uns erlauben, auch manchmal platt zu sein, nur auf die Gefahr hin, mißverstanden zu werden, lass' ich das doch nicht sein.

In den Siebzigern und Achtzigern war Jugendkultur noch toll, weltoffen, liberal. Jetzt gibt es ständig diese Berichte über Skin- Bands. Man spricht vom Ende der Jugendkultur...

Das hat's doch alles immer schon gegeben. Das ist doch ein Wahnsinn, zu behaupten, daß die Jugendlichen heute gefährlicher oder faschistoider wären als früher. Den Briefmarkensammler mit rechten Gedanken gab es auch in den Siebzigern. Nur war der Rock'n'Roll als Protest gegen das Establishment immer gegen Überlegene, traditionell, hier ist es das erste Mal so, daß mit denselben Akkorden sich 'ne Horde von Typen hinstellt und so 'ne Hackordnungsscheiße durchzieht. Das ist für uns kein Gentleman-Delikt, wir können gar nicht wirklich verstehen, wie man so draufkommt. Bei uns sind das Mindestwerte, die hab' ich mitbekommen.

Das ist es doch gerade, daß es dieses jugendliche Weltbürgertum in Verbindung mit Pop oder

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auch Punk nicht mehr gibt. Könnte Sascha eine Punk-Vergangenheit gehabt haben?

Sascha ist einfach ein Idiot – was ihn weiß Gott nicht ungefährlich macht. Ein Typ, der aus einer gewissen Doofheit heraus handelt, und den man mit 'ner Argumentation auch gar nicht rumkriegen kann. Der hat ja gar keine richtigen Argumente, sachlich sind solche Leute ja sofort am Arsch, das ist ja rein emotional, was die da durchziehen. Die ändern sich höchstens mal durch ein Schlüsselerlebnis, aber nicht durch ein In-die-Enge- Treiben oder Diskutieren: Braucht euer Jugendheim jetzt 'ne neue Tischtennisplatte, und seid ihr dann vielleicht wieder lieb. Und genauso gibt es auch auf der Gegenseite Typen, die versuchen, was hochzuhalten, was dann in 'ner gewissen Sinnlosigkeit endet. Es geht viel um den Fight.

Ist eure neue Platte nicht gerade deswegen ein Kompromißprodukt – zwischen dem Anspruch, Werte wie Spaßhaben, Auf-alles-Scheißen hochzuhalten und der Unmöglichkeit, noch ein Headbanger zu sein, weil das von rechts her besetzt ist?

Wenn sich die ganze Umwelt ändert, wenn sich eine Situation komplett gewendet hat, dann kannst du doch nicht der einzige sein, der sagt: ich will mir nur die Rübe zusaufen, und im übrigen bin ich unpolitisch. Vielleicht waren wir früher so, weil es nicht diese rechten Jungs gab, weil uns das Diskutieren links genervt hat, da haben wir einfach gesagt: och, uns ist bloß wichtig, daß hier'n Bier geöffnet werden kann. So sind wir nicht mehr drauf, das lassen wir uns nicht mehr reindrücken. Damals, vor zehn Jahren, war doch alles wohlbehütet hier, keiner hatte richtige Probleme, alles war da einfacher, auch das Punk-Dasein. Jetzt, wo die Feindbilder weg sind, wo man nach innen gucken muß, sind überall tausend Probleme, und wenn man dazu keine Meinung hat... Ich weiß nicht, ich hab' eine, und die möcht' ich auch sagen. In der Hinsicht haben wir uns schon verändert. Ich hab' auch mein Trinkverhalten, mein Drogenverhalten geändert.

In welche Richtung?

Ich bin jetzt Anfang dreißig und bin für den bewußten Exzeß. Ich habe ausgecheckt, welche Drogen mir was bringen und welche nicht. Ich kann das kontrollieren, ich kann auf gewisse Dinge auch scheißen, auf Drogen, die ich mal meinte, brauchen zu müssen.

In eurem Lied „Rambo Dance“ heißt es: „Es gibt kaum Regeln, alles klar, man macht nur einen Schritt nach vorn, wirbelt durch den ganzen Raum und springt dann zurück zur Ausgangsposition. Man schaltet sein Gehirn aus, weil man braucht nicht viel dazu...“ Ist das nicht Pogo?

Nee, Pogo geht von oben nach unten. Wir haben doch in Deutschland jede Toilette bespielt, und da kamen oft so Situationen, daß manche ganz normal Spaß haben wollten, andere konnten nur einen Kick kriegen, indem sie jemandem übel in den Rücken treten, Slum- Dance oder Slush-Dance oder wie auch immer. Das ist so 'ne Mode gewesen, damit hat Punk nichts zu tun, Pogo ist von oben nach unten und sich gegenseitig aufheben.

In „Mein größter Feind“ beschreibst du den zweiflerischen Blick in den Spiegel. Mit monolithischem Rausklotzen hat das nichts mehr zu tun, eher mit Singing/Songwriting.

Wir haben heute eben mehr Mut zur Dynamik, auch was die Musik angeht.

Macht ihr Volksmusik?

Kommt drauf an, wie du es definierst. Wenn Volksmusik was ist, was viele hören, dann hoff' ich, daß es bald Volksmusik wird.

Viele hören es ja schon.

Noch weiß man's nicht, die Platte ist ja gerade erst draußen. Was hier als Volksmusik läuft, ist natürlich ein Trauerspiel, aber in anderen Ländern: die irische Volksmusik zum Beispiel, ist auch kritisch, auch wehleidig, ist sagenhaft, was ganz anderes als diese McDonalds-Scheiße, die uns hier serviert wird. Auch hierzulande gibt es Volksmusikbands wie die Biermösel Blas'n, die in so einer Sendung von Karl Moik nie auftreten dürften – und auch nicht wollten.

Habt ihr denn bei dem, was ihr macht, nie die Assoziation „Volksmusik aus dem Punkrockstadel“?

Also das ist totaler Unsinn. Das ist 'ne Frage, die mich auch noch nicht mal richtig anpißt. Seit ich 14 bin, also über die Hälfte meines Lebens, bin ich irgendwo Punkfan und irgendwo Punk. Damals ganz eng und intolerant, wie das so ist, dann hier was gelernt, dort was gelernt, ich habe das Glück gehabt, viele dieser Idole von früher persönlich kennenzulernen, und alles, was ich so mitgekriegt hab', ist, daß die sehr damit klarkommen, wie wir unsere Musik machen und wie wir leben. Daraus ziehe ich das Selbstvertrauen, daß das o.k ist, was ich mache. Beweisen können wir's natürlich nicht. Es gibt nur eine Instanz für das, was wir tun, und das ist unser eigenes Gewissen. Was wir da verkloppen, ist etwas sehr Persönliches. in dem Moment, wo das mal gelaufen ist, sind auch wir gelaufen.

Es geht immer noch um die richtige Haltung?

Es geht mehr um eine Haltung als um alles andere. Ich entscheide, wo und wie ich hingehe. Ich weiß über jeden Termin Bescheid, ich mache viel Fehler, ärgere mich schwarz, wenn ich zum Beispiel in Fernsehinterviews irgendwas nicht durchkrieg, aber wer viel vor die Haustür geht, läuft auch oft in Hundescheiße. Am wenigsten brennt mir was an, wenn irgendwelche Politiker danebensitzen, Leute, die vorgeben, rhetorisch was draufzuhaben. Mit denen legt man sich gerne an, da bin ich richtig scharf drauf. Oder „Der heiße Stuhl“, die rufen bei mir an, seit einem halben Jahr, jeden Tag. Und ich sag immer: Es kommt aufs Thema an. Und ich hab' das Thema. Ich will, daß die Nationalhymne abgeschafft wird. Immer wenn so'n Präsident zu Besuch kommt, soll Platz 1 der deutschen Charts gespielt werden, damit man so richtig sieht, wie arm das hier ist. Solche Sachen reizen mich. Aber da muß man natürlich vorbereitet sein, die werden mir da irgendwelche Schweine hinsetzen.

Der PR-Mann im Medienestablishment...

Es geht nicht um PR. Wenn ich gut gelaunt bin und nicht übermüdet, dann machen mir manche Sachen voll Spaß. Zum Beispiel, wenn die Bild mich jetzt als Schwulen outet, auch noch auf der Titelseite. Warum sollte ich da dementieren? Ich find' das lustig. Ich werde den Teufel tun, irgendwo hinzurennen und zu sagen: Hier sind alle meine Freundinnen! Was ändert das an meinen Liedern, ob ich schwul bin oder hetero, das ist mir scheiß-e-gal! Ich hab' sofort die Bild am Sonntag angerufen, nachdem das in der Bild war, und gesagt, die könnten meine wahre Geschichte haben im Stil von „Auf Tour hat es klick gemacht“, dann sich mit irgendeinem Arschloch Hand in Hand fotografieren lassen, 50.000 abkassieren und das alles der Aids-Stiftung geben oder so. Das wär für mich was gewesen, wo man die richtig genagelt hätte mit ihrer eigenen Scheiße. Hat leider nicht geklappt, die wollten keine 50.000 zahlen. Man kann den Ball aber immer wieder zurückhauen. Es muß aber fürchterlich sein, wenn man mal wegen wirklich wichtiger Dinge unter Druck gerät, aber auch da weiß ich nicht, wie es mir gefährlich werden soll, weil: Ich habe keine Werte, die ich verteidigen muß.

Ist, was von Punk noch übrig ist, die Weigerung, sich festzulegen?

Wieso immer Punk? Punk gibt's nicht mehr, was heute davon übrig ist, da wird mir schlecht von. Es gibt keinen prostituierteren Ausdruck als Ehrlichkeit und Bodenständigkeit. Ich bin weder ehrlich noch bodenständig. Wenn einer von sich sagt: Wir machen ehrliche Musik – gefickt, verstehste. Da hab' ich überhaupt keinen Vertrag mit.

Aber wenn du vorhin gesagt hast, die toten Hosen sind nur ihrem eigenen Gewissen verpflichtet, dann ist das doch Ehrlichkeit im Sinne von Credibility.

Ich hab' dir aber auch gesagt: Ich kann's nicht beweisen, hahaha. Du wirst von uns nie hören, daß wir sagen, wir machen ehrliche Musik. Wenn wir über irgendeinen abziehen, dann sagen wir: Das ist aber'n ehrlicher Typ gewesen, der da. Das ist für uns das unterste, was du sagen kannst.

Im Info zur Platte sagt ihr, das wäre eine zynische Platte, die ihr da gemacht habt...

Ich definier meine Scheiße nicht, irgend jemand sagt das. Ich glaube zufällig, auf der Platte sind ein paar Sachen dabei, die nennt man, glaube ich, zynisch.

Auf dem Promozettel hier vor mir lese ich gerade: Beim von euch mitinitiierten Düsseldorfer Appell „riefen im November 1991 eine große Anzahl Düsseldorfer Organisationen und Privatpersonen dazu auf, gegen Rassismus und menschenverachtende Gewalt wie für eine demokratische und friedliche Gesellschaft einzutreten“. Das ist löblich, aber ist das nicht auch irgendwie die Weizsäckerisierung des Punk?

Unheimlich gut, wie du das so genießt. Das hat Spaß gemacht, die Stelle. Aber ich bin nicht der Herr Düsseldorfer Appell. Wir haben uns überlegt: wir bringen die Scheibe raus, und die muß an irgendwas gehen. Wir haben uns dann überlegt: am geilsten ist es vor der eigenen Haustür, also nicht irgendwelche windigen Kanäle, es soll für die Stadt sein und dafür, daß die Scheiße bei uns draußen bleibt. Und im Telefonbuch gab es nur diese eine Institution, und wir haben die gefragt: Was könnt ihr in die Wege leiten? Uns ging es ganz konkret darum, daß das auch wirklich nur an Asylbewerber, an Leute mit Trouble geht, an Leute aus dem Ausland und nicht für irgendeine Scheißtischtennisplatte im Jugendheim ausgegeben wird zur Resozialisierung. Da hieß es: O.K., wir arbeiten was aus, und ihr werdet das dann abnicken, und wenn ihr ein Problem damit habt, werden wir das regeln. Jetzt sitzt da so ein Gremium von sieben Facharbeitern, die wirklich wissen, wo's brennt. Wir werden den Teufel tun und diesen Fachkräften ins Handwerk pfuschen. Und uns ging's nur um die konkrete Hilfe und nicht um dieses Gesabbel mit der Demokratie. Wie die sich selber definieren: „für ein weltoffenes Düsseldorf“ – laß mal machen. Das sind die bitteren Pillen, die man dann schluckt.

Daß zum Beispiel im Namen der Toten Hosen „pädagogisch- didaktische Materialien“ für Jugendliche und Kinder bereitgestellt werden...

Du, ich kann mich nicht hinsetzen und jede Zeile vom Düsseldorfer Appell durchlesen und die abnicken, das wär ja wirklich zuviel verlangt. Ich glaube, im Grunde ihres Herzens sind das gute Menschen, die da arbeiten.

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