Was vom Kanzler der Herzen bleibt : Damals unter Schröder …
Er könnte eine Kultfigur werden – nach seiner Regierungszeit
Gerhard Schröder ist noch Kanzler. Das Ende seiner Ära aber beginnt, in unserer Gegenwart schon beginnt sie zu verblassen. Nachdem dieser Übergang abgeschlossen ist, werden Gerhard Schröders Taten nicht mehr Zeitgeschichte, sondern schlicht Geschichte sein.
Wer aber glaubt, das letzte Mal von Schröder gehört zu haben, der irrt. Gerhard Schröder, ehemals Medienkanzler, ehemals Irakkrieg-Gegner, ehemals Hartz-IV-Durchpeitscher, hat das Potenzial, zur Kultfigur zu werden. Es gibt drei Gründe für den Schröder Kult: Optik, Menschlichkeit und Politik.
Schröders Gesicht vergisst man nicht. Er verwandelte sich vom Landesvater mit jugendlichem Flair zum schweren, gemächlich dreinschauenden Staatsmann. „Die kommen jeden Tag nur um zu gucken, ob ich noch eine Falte mehr habe“, sagte er zuletzt bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt. Der Schröder, den es jetzt gibt, könnten wir in Bronze nachgießen – oder als Gummikopf in die Kellerbar stellen.
Zudem macht Schröder die Fehler eines Menschen, nicht die eines Staatsmanns. Er trinkt vor der Kamera Bier, er verspricht sich und murmelt „’tschuldigung“. Er lässt sich scheiden, er heiratet erneut, er kauft ein Reihenendhaus.
Das politische Erbe Schröders wird auch nach seiner Kanzlerschaft fortbestehen. Nach einer Phase des Stillstands setzte er auf politische Veränderungen. Er kam zu einer Zeit, als alles neu zu sein schien, er glaubte an den Fortschritt und wir mit ihm. Er sagte Nein zum Irakkrieg, eine der wichtigsten Entscheidungen seiner Amtszeit.
„Damals unter Schröder“ ist eine Phrase, die unsere Kinder nicht mehr verstehen, aber oft hören werden.
NATALIE TENBERG