Was Nokia lehrt : KOMMENTAR VON DANIELA WEINGÄRTNER
Aus der Sicht deutscher Politiker ist die Sache einfach. Es gibt gute Subventionen und es gibt böse Subventionen. Gute Subventionen sorgen dafür, dass sich Unternehmen in Deutschland ansiedeln, auch wenn anderswo damit Arbeitsplätze verloren gehen. Deshalb findet die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin auch nichts dabei, wenn Nokia mit 88 Millionen Euro deutscher Fördergelder aus Finnland weggelockt wird.
Wenn aber die Förderpolitik der EU, die schließlich alle Mitgliedstaaten gemeinsam beschlossen haben, Rumänien etwa mit Hilfe eines Industrieparks als Standort attraktiver macht, können dieselben Politiker ganz schön giftig werden. Sie führen dann gern ins Feld, dass Deutschland den höchsten Beitrag zum EU-Budget beisteuert und damit indirekt die Vernichtung deutscher Arbeitsplätze finanziert.
Soll die EU sich also von dem Ziel verabschieden, das Lebensniveau in allen Mitgliedstaaten anzugleichen? Die Folge wäre, dass die Löhne und Arbeitsbedingungen in Rumänien auf Dauer miserabel bleiben. Das wäre fatal für die gesamte EU – nicht nur aus moralischer, sondern auch aus sozialer Perspektive. Denn in einem Binnenmarkt zieht es die Unternehmen immer dorthin, wo die niedrigsten Löhne gezahlt werden und die Nebenkosten besonders gering sind.
Es muss also im Interesse deutscher Gewerkschaften und deutscher Politiker liegen, dass Osteuropa möglichst rasch aufholt – auch durch europäische Förderprogramme. Dass Standortverlagerungen nicht subventioniert werden dürfen, versteht sich dabei von selbst. Die Förderregeln schließen das ohnehin aus.
Als viel problematischer für die alten Mitgliedsländer dürften sich mittelfristig die niedrigen Steuern und Lohnnebenkosten in Osteuropa erweisen. Sie werden dafür sorgen, dass die Gewinnmargen dort auch dann noch höher sind, wenn die Löhne sich längst angeglichen haben. Einheitliche Mindeststeuern, Mindestlöhne und gemeinsame soziale Mindeststandards im Binnenmarkt müssten also her. Doch dagegen wehren sich die von Standortverlagerungen betroffenen Länder genauso wie die neuen EU-Mitglieder.