WOLFGANG MEYER, INTEGRATIONS-PROFI : Integrieren oder abschieben
■ war in Göttingen Richter, Staatsanwalt, Rechtsdezernent und SPD-Fraktionschef, bevor er Bürgermeister wurde Foto: dpa
Für Wolfgang Meyer war es eine „ehrenvolle Einladung“. Der Göttinger Oberbürgermeister und SPD-Politiker ist vom Bundeskanzleramt zur Teilnahme an der Deutschen Islam Konferenz eingeladen worden. Die Berufung gilt für drei Jahre, Meyer ist damit ständiges Mitglied.
Die Konferenz zur Verbesserung der Integration von vier Millionen Muslimen will sich bis 2013 verstärkt praktischen Fragen des Zusammenlebens widmen. Der 61-jährige Jurist Meyer, der seit 2006 Göttinger Oberbürgermeister ist und nach außen etwas dröge und maulfaul daherkommt, soll mit Amtskollegen aus Duisburg und Nürnberg sowie einem Vertreter der kommunalen Spitzenverbände die Städte und Gemeinden in der Konferenz repräsentieren.
Meyer sieht als einen Grund für seine Berufung, dass die Göttinger Integrationsmaßnahmen, insbesondere das Göttinger Integrationskonzept, auch von der Bundespolitik anerkannt werden. Das im vergangenen Jahr von engen Mitarbeitern des Oberbürgermeisters erstellte 83 Seiten starke Konzept liest sich in der Tat imposant: Es listet für die rund 20.000 Ausländer aus mehr als 150 Ländern, die in der Universitätsstadt leben, dutzende Angebote aus den Bereichen Sprache und Bildung, Arbeit und Soziales, Kultur und Sport auf. Zudem verfügt ein Integrationsrat über ein eigenes Büro im Rathaus, seine Vertreter dürfen in mehreren Ratsausschüssen mitdiskutieren.
Als am vergangenen Wochenende Pro Asyl für die Kampagne „Stoppt das Sterben“ den Göttinger Friedenspreis bekam, lobte Meyer die Organisation und nannte die Ehrung „ein Zeichen, nicht nachzulassen“. Wohlfeile Worte für das geladene Publikum, die indes örtliche Flüchtlingsgruppen bei den laufenden Abschiebungen von Göttingen ins Kosovo vermissen. Ihre Kritik: Obwohl ein Ratsbeschluss die Ausweisungen kritisiert, machten sich Meyer und der zuständige grüne Dezernent Ludwig Hecke widerspruchs- und widerstandslos zu Gehilfen der ruppigen Abschiebepolitik des Landes. Auch der Integrationsrat kritisiert, die Stadt Göttingen nutze ihre Spielräume zugunsten der Flüchtlinge oft nicht aus.REIMAR PAUL