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Archiv-Artikel

WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT „Grausige Fußnote“

Wer verhaftete im August 1944 Anne Frank? Es war der Österreicher Karl Josef Silberbauer, SS-Oberscharführer beim SD, dem Sicherheitsdienst der SS. Und während Silberbauer nach dem Krieg bei der Wiener Polizei arbeitete, führte ihn die Organisation Gehlen – der Vorgänger des Bundesnachrichtendienstes – als bedeutende „Sonderverbindung“. Das jedenfalls behauptet ein wenig großspurig der Autor Peter-Ferdinand Koch in seinem soeben erschienenen Buch „Enttarnt – Doppelagenten: Namen, Fakten, Beweise“ (Verlag Ecowin, Salzburg 2011).

Karl Josef Silberbauer war demnach Teil der Gestapo-Truppe, die im Jahr 1944 Anne Frank und ihre Familie, die in Amsterdam versteckt waren, aufspürte und dem Tod auslieferte. Frank starb mit 15 Jahren 1945 an Typhus im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

Peter-Ferdinand Koch, ein Hamburger Journalist, will Beweise in CIA-Archiven und NS-Archiven in Deutschland gefunden haben, dass Silberbauer nach dem Krieg als Informant und Anwerber für den BND gearbeitet hat. Silberbauer, schreibt Koch, war „zwar ein primitiver Haudegen, aber er trieb sich in österreichischen NS-Kreisen herum. Unbezahlbar für Gehlen, galt es doch, Österreich nachrichtendienstlich mit ‚Einheimischen‘ zu besetzen.“ Eine „grausige Fußnote“, schreibt Koch.

Laut Koch waren bis zu 200 ehemalige Mitarbeiter von Adolf Hitlers Reichssicherheitshauptamt für den BND tätig. Auch Silberbauers Erfahrung als ehemaliger Gestapo-Offizier sollte es ihm laut BND erlauben, zahlreiche geheime Nazi-Gruppen in Österreich und Deutschland nach 1945 zu infiltrieren.

Was Silberbauer tatsächlich gemacht hat – der Autor teilt es nicht mit. So wie er auch den Beleg schuldig bleibt für die Behauptung, Silberbauer sei zur „Sonderverbindung“ in der Organisation Gehlen aufgestiegen. Die Quellen: „Simon Wiesenthal Center, Recherchen Autor“. Und da ist sie wieder: die „grausige Fußnote“, von der Koch schreibt.

Der Autor ist Redakteur der taz