piwik no script img

Archiv-Artikel

WOHIN IN HAMBURG?

Von MATT

■ Di, 7. 5., 22 Uhr, Thalia in der Gaußstraße

Kalkulierte Intimität

Sieben mitunter zehn Minuten lange Stücke hat der Norweger Einar Stray mit etlichen kongenialen Freunden aus dem Dunstkreis des Künstlerkollektivs Spoontrain für sein Debüt „Chiaroscuro“ eingespielt: episch schluchzende Bombast-Symphonien voller Überraschungen, schwelgerische Pop-Kleinode, die präzise den kleinstmöglichen Abstand zur Kitsch-Grenze ausmessen und mit herzzerreißendem Duett-Gesang selbst den Hartgesottensten Klöße in die Hälse zaubern. Mal üppig mit Hörnern, Streichern, Synthies, Samplern, Gitarren und Kazoos orchestriert, komplex arrangiert und euphorisch ausschweifend, mal mit minimalen Mitteln und um die sonore Stimme und einfache Piano-Akkorde herum genau kalkulierte Intimität.

■ Fr, 10. 5., 11–17 Uhr, Treff: Uni-Campus

Verbrannte Bücher

„Dies war ein Vorspiel nur, dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Am 15. Mai 1933, 112 Jahre nach Heinrich Heines prophetischem Satz, brannten auch in Hamburg am Kaiser-Friedrich-Ufer im Rahmen der „Aktion wider den undeutschen Geist“ der nationalsozialistisch angeführten Deutschen Studentenschaft Bücher von marxistischen, pazifistischen, liberalen und jüdischen AutorInnen – unter anderem Werke Heinrich Heines. Am Freitag gedenkt der Arbeitskreis „Bücherverbrennung – Nie Wieder!“ der Bücherverbrennung mit einer öffentlichen Lesung aus verfemten Büchern. Gelesen wird von 11 bis 17 Uhr auf Hamburger Straßen und Plätzen, in Bussen und Bahnen, in Betriebskantinen und Kaufhäusern. Los geht die Lesekarawane auf dem Uni-Campus. Textpassagen oder Gedichte mitlesen kann jede/r, für Kurzentschlossene liegen ausgewählte Lesetexte bereit.

■ Sa, 4. 5., 16 Uhr, Deichtorhallen

Fernbeziehung

Zerrissen sind viele Familien in der Republik Moldawien, dem ärmsten Land Europas. Zurückgelassen haben viele Eltern ihre Kinder, um im Ausland nicht selten illegalisiert und unter großen Mühen zu arbeiten und Geld zu verdienen. Vier Jahre lang hat die Fotografin Andrea Diefenbach Familien von ArbeitsmigrantInnen begleitet, zeigt die Fortgezogenen und Zurückgebliebenen und dokumentiert die schmerzhafte Distanz zwischen den getrennten Welten. Am heutigen Samstagnachmittag präsentiert Diefenbach ihren Fotoband „Land ohne Eltern“ mit Texten von Nicola Abé, Dumitru Crudu und Grigore Vieru (Kehrer Verlag, 124 S., 73 Farbabb., 39,90 Euro) im Haus der Photografie in den Deichtorhallen.  MATT