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Archiv-Artikel

WOCHENÜBERSICHT: KINDERHORT Winkelmaiers suchen nach den schönsten Spielsachen

Hertha BSC Berlin – VFL Bochum: Olympiastadion, Samstag, 6. März. Anpfiff ist um 15.20 Uhr

Man muss in diesen ruchlosen Zeiten an was glauben können, was nicht so gefährlich ist wie Religion und nicht so teuer wie Konsum. Also braucht jeder Junge seinen Fußballverein. Und einen Vater, der ihn das erste Mal ins Stadion schleppt. Auch Mädchen und Müttern schadet so ein generationsübergreifendes Initiationserlebnis nichts. Grundsätzlich ist aber zu bedenken, dass tief empfundene Liebe zu einem Verein mitnichten während einer lauen Sommernacht in einem gut gefüllten und gut bespielten Stadion mit anschließender Champions-League-Siegesfeier entsteht. Nein, so nicht: Liebe hat viel mit Enttäuschung zu tun, und Leidenschaft kommt von Leiden. Um sich also wahrhaftig in einen Fußballklub zu verlieben, müssen an einem nasskalten Samstagnachmittag in einer halb leeren hässlichen Betonschüssel 90 Minuten fürchterlicher Fußball durchlitten werden. Daran glaubt nicht nur Nick Hornby. Gemeinsames Aufstöhnen bei jedem Fehlpass und gegenseitiges Haareraufen bei verstolperten Großchancen stärken die Verbundenheit mit dem Verein und zwischen den Generationen ungemein. Deshalb könnte dieser Samstag am Anfang einer großen Liebe stehen, denn das Bundesliga-Heimspiel von Hertha BSC gegen den VfL Bochum erfüllt alle Voraussetzungen für einen zünftigen Initiationsritus: Für Hertha geht es im während des Umbaus noch trostloserenOlympiastadion an einem Winternachmittag nicht um einen schnöden Titel oder europäische Qualifikationen, sondern um die nackte Existenz. Der Abstiegskampf ist eh etwas, was Kinder gut nachvollziehen können, durchleben sie im Versetzungsstress doch Ähnliches wie ein Bundesliga-Coach. Vorsicht ist allerdings geboten: Bochum spielt derzeit einen so flotten Fußball, dass man sich womöglich aus den falschen Gründen in die richtige Mannschaft verliebt.