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Archiv-Artikel

WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

In der letzten Zeit haben Bearbeiter des Themas 1968 manchmal auch den Blick nach rechts gewagt und Fragen nach den inneren Zusammenhängen zwischen der 68er-Generation und ihren Nazi-Eltern gestellt. Besonders radikal geht nun Jutta Brückner an diese Frage heran, die in einer Recherche nach Analogien zwischen Magda Goebbels und Ulrike Meinhof sucht. „Bräute des Nichts“ heißt die Video-Theater-Performance in der Akademie der Künste, in der es in der szenischen Auswertung dieser Recherchen um die Rolle des weiblichen Unbewussten und seiner Verdrängung in Politik und Geschichte des 20. Jahrhunderts gehen wird. Schauplatz der Performance mit Anne Tismer ist Meinhofs Zelle in Stammheim am Tag ihres Selbstmordes, dem 8. Mai 1976, der einerseits Jahrestag der Kapitulation von Nazi-Deutschland und andererseits ein Muttertag war. Von der deutschen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts hat eindringlich Victor Klemperer in seinen Tagebüchern erzählt, in denen er seine schleichende Entrechtung als Jude ebenso minutiös protokollierte wie die Brutalisierung der Gesellschaft. „Gehen-Bleiben“ hat Katrin Kazubko ihre Bühnenfassung überschrieben, die Hans-Joachim Frank am Theater 89 inszeniert. In der Zeit um 1900 siedelt das neue Projekt der Sophiensaele, die vor ihrer Nutzung als Spielstätte ein Handwerksvereinshaus waren. Doch auch vor 103 Jahre wurde hier schon Theater gespielt, ein Umstand, mit dem man sich bereits vor drei Jahren mal auseinandersetzte. „Was verbindet uns?, fragt nun noch mal der Künstler Stefan Shankland und bestückt das Haus mit Szenen und Installationen. Ansonsten verlegt das HAU das Projekt „X Wohnungen, seine theatralischen Studien am Privaten, diesmal in den Neuköllner Reuterkiez, wo man die Gelegenheit hat, lauter Leuten zu begegnen, die sich im Wesentlichen selber spielen.

„Bräute des Nichts“: AdK, Di.–Sa.

„Gehen-Bleiben“: Theater 89, 7., 14., 21., 28. Juni

„Was verbindet uns?“: Sophiensaele, Eröffnung Do., 18 Uhr

X Wohnungen Neukölln: HAU, Do.–So. www.hebbel-theater.de