WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Es kommt immer wieder vor, dass die Bühne der Politik zum Schauplatz echter Dramen wird, die uns Normalos schon seit Shakespeares Königsdramen schaudernd in die Abgründe extremer Gefühle und Handlungen blicken lassen. Den britischen Dramatiker Michael Frayn haben die Guillaume-Affäre und die Umstände, die 1974 zum Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt führten, nicht mehr losgelassen, seit er den Skandal als Reporter in Deutschland miterlebte. „Demokratie“ heißt das Stück, in dem er die Politik am Fall Brandt/Guillaume als von Ehrgeiz, Eifersucht und Verrat getriebenes Geschäft beschreibt. Die deutschsprachige Erstaufführung findet am 6. Mai, dem 30. Jahrestag von Brandts Rücktritt, im Renaissance-Theater statt. Es inszeniert Felix Prader, seit seiner Inszenierung von Yasmina Rezas „Kunst“ an der alten Schaubühne ausgewiesener Fachmann für spannende Konversationsstücke im Broadway-Format. Angesichts der Gefahren, die in einem gelebten Leben drohen, könnte manch einer auf den Gedanken kommen, doch besser zu Hause zu bleiben. G. zum Beispiel, wie Ernst-Busch-Absolvent Johann Boencke kafkamäßig seinen Protagonisten nennt, der das Cello-Spiel dem richtigen Leben vorzieht und ansonsten mit einer Puppe kommuniziert. „70 EE/1 oder Von der Notwendigkeit, nicht aus dem Haus zu gehen“ hat am Donnerstag im Orph-Theater Premiere. Das Prime Time Theater hat aus Büchners „Woyzeck“ eine „Big Brother“-Version gemacht, die als „woz-zecke@tv“ am Samstag Premiere hat. Ein Ex-Junkie zieht mit Freundin in eine geschenkte Wohnung und die beiden wissen nicht, dass sie videoüberwacht ist und die Bilder permanent ausgestrahlt werden. Auch wollen wir auf das Theatertreffen verweisen, obwohl für die eingeladenen Inszenierungen nur noch vereinzelt Karten zu haben sind.