WINTERSPORT : Die Popobremse
Autsch – Arschbremse in letzter Sekunde! Gerade fuhr ich noch auf Skiern die Piste auf dem Rodelberg hinab, da kam ein Schlitten quer aus mannshohen Unkrautbüschen geschossen. Du Idiot, denke ich, während ich mich aufrapple. Aber bevor ich dem Pistenrüpel hinterherbrülle, wird mir bewusst, dass das Problem auch woanders liegt, liegen muss: Es ist schlicht die mutwillige Vernachlässigung des öffentlichen Raumes, vermutlich aus Sparzwecken.
Der Rodelhang, liebevoll vor Jahren angelegt, befindet sich auf der Nordseite des Kienbergs, eines aus Kriegsschutt und Bodenaushub aufgetürmten hohen Hügels in Marzahn. Von der Bergspitze kann man auf die Flachdächer der Hochhäuser in Marzahn und Hellersdorf blicken – und auf Schlitten oder Skiern den Abhang hinabsausen. Die Anlage, etwa 300 Meter lang, ist perfekt: erst ein Steilstück, dann mäßiges Gefälle, schließlich ein flacher langer Auslauf, der mit einem Schutzhügel abgeschlossen wird. So war es jedenfalls in den vergangenen Jahren.
In diesem Winter ist alles anders: Die Rodelbahn ist auf einen zwei Meter breiten Trampelpfad geschrumpft – viel zu schmal für Dutzende Schlitten. „Das Bezirksamt hat in diesem Jahr einfach nicht das Gras gemäht, und durch das hohe Unkraut kommt man nicht durch“, beschwert sich eine rüstige Seniorin, die mit ihrem Schlitten den Berg hinaufstapft. „Wirklich ärgerlich“, pflichte ich ihr bei, „wenn schon mal Schnee liegt, muss man raus!“ „Finde ich auch“, sagt die Frau, „wenn man Rodelbahnen verkommen lässt, braucht man sich nicht zu wundern, dass Kinder nur noch vor dem Computer sitzen.“
Der Pistenrowdy kommt den Berg heraufgelaufen. „’tschuldigung wegen eben, hoffentlich ist nichts passiert“, sagt er. „Schon in Ordnung“, antworte ich, kaum noch böse. Dann darf ich als Erster den Abhang runterfahren. RICHARD ROTHER