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Archiv-Artikel

WINDENERGIE: HEIRAT VON UMWELTBEWUSSTSEIN UND INGENIEURSTALENT Eine ziemlich deutsche Liebe

Hinter dem Bauernhof von Peter Ahmels, dem Chef des Bundesverbandes Windenergie, drehen sich immer noch zwei niedliche Windrädchen aus Pionierzeiten. Mit solchen Mini-Maschinen wollten Latzhosenträger aus Ostfriesland vor 20 Jahren die Atommafia aushebeln. „Faule-Äppel-Strom“, amüsierten sich damals Energiemanager über die Windmüller und ihre Spielzeuge. Heute lacht die andere Seite: Deutschland ist Weltmarktführer in einer expandierenden Zukunftsbranche. Selbst das Vorzeigeunternehmen SAP wuchs mit seiner Software in den 90er-Jahren nicht so rasant aus den Kinderschuhen wie heute die Top-Unternehmen der Windbranche.

Maschinenbau und Klima-GAU – da haben sich zwei gefunden. Deutschland ist berühmt für seine Technik, aber auch für „German Angst“ vor Umweltzerstörung. Bei den erneuerbaren Energien sind Umweltbewusstsein und Ingenieurstalent in einer erstaunlichen Liebesaffäre entbrannt. Mit grenzüberschreitender Hochzeitsreise: Die Branche boomt inzwischen vor allem im Ausland. Die USA, die alten Klimavergifter, sind heute der wichtigste Absatzmarkt weltweit. Die asiatischen Boomländer China und Indien folgen auf den Plätzen. Aber auch entlegene Flecken wie die Kapverden, Island, Kuba, Estland, Finnland, Chile oder die Faröer-Inseln stehen auf der Kundenliste der deutschen Windmacher. Wind und Sonne sind die großen Exportschlager.

Von Wachstumsquoten wie bei den Herstellerfirmen Enercon, Repower, Nordex & Co. können die heimischen Autobauer nur träumen. In Polen und Ungarn geht der Windboom gerade los, und selbst die Atomrepublik Frankreich entdeckt den Charme der Windturbinen. Zur Euphorie besteht angesichts anhaltender Energieverschwendung, der Dominanz atomar-fossiler Großkraftwerke und den Plänen für neue AKWs dennoch kein Grund. Aber: Das knapp werdende Öl hat die Energiewende eingeleitet. Und mit jedem neuen Barrel-Rekord wachsen den Erneuerbaren Flügel. Da freuen wir uns doch über den explodierenden Ölpreis. MARCUS FRANKEN, MANFRED KRIENER