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Archiv-Artikel

WEINPROBE Den Favoriten auf den Fersen

VON STEPHAN REINHARDT

2008 Rheingau Riesling „Jacobus“, Peter Jakob Kühn. Schöner als der „Jacobus“ kann Rheingau Riesling kaum sein: feinfruchtig, von delikater rauchiger Würze und spielerisch-eleganter Rasse, ungemein klar und lebendig und für diese Preisklasse sensationell vielschichtig und nachhaltig. Ich verhehle nicht, dass ich locker zehn und mehr „Erste Gewächse“ benennen könnte, die sich neben diesem bissfesten und charaktervollen Wein ausnehmen wie anonyme, lieblos erzeugte Literware. Dabei bilden die „Ersten Gewächse“ doch die stolze Rheingauer Eliteklasse, während der salzig-mineralische „Jacobus“ doch „nur“ den Einstieg in die Kühn’sche Galaxie bildet. | 8,95 € bei Vini Culture, Grolmannstr. 44–45, Berlin-Charlottenburg.

2006 Les états d’âme du Mas Jullien Coteaux du Languedoc AC, Jullien Olivier. Er ist einer der Pioniere des neuen Südfrankreich, das nach Dekaden ausdrucksloser Genossenschaftsweine seit zehn und mehr Jahren eine stattliche Zahl hochkarätiger, originärer Rotwein-Blends aus regionaltypischen Rebsorten wie Grenache, Carignan, Cinsault, Syrah und/oder Mourvèdre hervorbringt. Oliviers Mas Jullien in Jonquières existiert seit nunmehr 25 Jahren – und in diesem Vierteljahrhundert hat sie sich zur bedeutendsten Schule für die vielen jüngeren Winzer entwickelt, die das großartige weinbauliche Potenzial des Languedoc mit modern-ursprünglichen Weinen ausschöpfen wollen. Dabei ist Olivier Jullien „erst“ 45 Jahre alt. Er sucht ewig nach Verbesserungen und Verfeinerungen. Und so hat er kaum je feinere, frischere, trinkigere Weine erzeugt hat als die 2006er. Les états d’âme ist zwar nicht sein tiefgründigster, intensivster Wein (das ist der Mas Jullien), aber sicher der am schnellsten leer getrunkene. Noch dazu spiegelt er das Seelenleben des Winzers geradezu perfekt: Heiterkeit, Subtilität, Eleganz und Geradlinigkeit. Das Bukett ist ein Versprechen, zeigt einen frischen, einladenden Duft von reifen Holunder-, Blau- und Brombeeren. Und nichts anderes gleitet über die Zunge und prägt den Nachhall: die reine, intensive Blaubeerenfrucht samt mürben, fleischigen Schalen. Der Wein fließt wie Seide, ist frisch und geradlinig und wird getragen von einer reifen, delikaten Säure- und Tanninstruktur. Das nominell stattliche Gewicht von 13,5 Volumenprozent ist so perfekt ausbalanciert, ein südfranzösischer Gegenentwurf zu feinsten Premiers Crus aus Burgund. Nur viel preiswerter. | 21 € bei Hammer’s, Körtestraße 20, Berlin-Kreuzberg, www.hammers-wein.de