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Archiv-Artikel

WARUM MARCUS WINTER SCHON WIEDER VOR GERICHT STEHT Potentiell tödlich

Den Platz in einem Gerichtssaal kennt er. Im Landgericht Osnabrück sitzt Marcus Winter seit dem 20. August auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft dem militanten Neonazi aus der Kameradschaftsszene versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor. Heute Morgen wird der Prozess gegen ihn und drei Männer sowie eine Frau fortgesetzt.

Bei einer Party in Markendorf am Grünen See nahe Melle vor zwei Jahren sollen die fünf Beschuldigten den 32-jährigen Christian S. aus dem Emsland mit Schlägen und Tritten angegriffen haben. Außer Winter soll auch der 41-jährige Beschuldigte Michael R. eine rechte Vergangenheit haben.

Ein Shuttle-Bus hatte die Party-Gäste von Rödingshausen zu dem Benefiz-Konzert für einen Freund gebracht, der sich das Leben genommen hatte. Es sei viel getrunken worden, sagten Zeugen. Das Opfer soll die 25-jährige Angeklagte Tina R. provoziert haben. Mit einem Tritt zum Gesicht soll sich die Frau von Michael R. gewehrt haben. Ihr Mann, der bei der Fremdenlegion war und Kickboxer ist, schlug mit zu.

„Danach war Christian schon kampfunfähig“, sagte Ernst B., der das Opfer zum Auto brachte. Am Parkplatz schlugen alle Beschuldigten auf S. ein, der Blutungen im Gehirn und Rippenbrüche erlitt. „Potentiell tödlich“ nannte ein Neurochirurg die Hirnverletzungen.

S. selbst, der zwei Wochen im Koma lag, kann sich an nichts mehr erinnern: „Ich weiß nicht, was dort passiert ist“, sagt er. 5.000 Euro Schmerzensgeld seien ihm angeboten worden, wenn er nicht zum Rechtsanwalt gehe.

Winter, der die „Nationale Offensive Schauburg“ anführte und lange den Neonazitrauermarsch in Bad Nenndorf vorantrieb, erklärte zu Prozessbeginn: „Ich weiß nicht, warum ich hier sitze.“ Der 33-Jährige hoffte wohl auf einen Entlastungszeugen. Im Gericht verplapperte der sich aber. Drei Verhandlungstage sind noch angesetzt.Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland