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Archiv-Artikel

WARUM EIN BUNDESWEHR-VIDEO IN DEN USA FÜR AUFREGUNG SORGT Die Bronx als Metapher

Man sollte sich den Videoclip genau anschauen, der nun in den USA für Aufregung sorgt, bevor man von einem neuen Bundeswehr-Skandal spricht: „Sie sind jetzt in der Bronx“, herrscht der Ausbilder da einen Rekruten an, nachdem dieser vorher schon eine Gruppe imaginärer Terroristen erschossen hat. „Ein schwarzer Van hält vor Ihnen. Drei Afroamerikaner steigen aus und beleidigen Ihre Mutter aufs Gröbste.“ Der Rekrut kichert, der Ausbilder befiehlt: „Vor jedem Feuerstoß will ich ein lautes ‚motherfucker‘ hören, ja?“ Der Rekrut gehorcht, schreit „Motherfucker!“ und schießt.

Rassismus hört sich anders an. Es fällt nicht nur keines der berüchtigten N-Worte. Der Ausbilder ist sogar auf der Höhe der politisch korrekten Wortwahl, wenn er von „Afroamerikanern“ spricht, die dem schwarzen Van entsteigen. Jeder, der einmal eine Hiphop-Platte gehört oder ein Videospiel wie „Grand Theft Auto“ gespielt hat, weiß, was diese beiden Soldaten machen. Sie stellen ein popkulturelles Szenario nach, in dem „Bronx“ als Chiffre für „gefährliche Gegend“ gilt, „Motherfucker“ die gängige Beleidigung ist und die Gangster eben Afroamerikaner sind. All dies gehört zur globalen Zeichensprache des Pop – so wie der stereotype Nazi, der seit Jahrzehnten seinen Dienst als Hollywood-Bösewicht tut, ohne dass jemand dabei ausgeprägte Deutschenfeindlichkeit unterstellen würde.

Zu sehen, wie Soldaten auf Menschen schießen, ist sicher nicht schön. Und dieses Handwerk mit privaten Egoshooter-Vorlieben zu verbinden mag fragwürdig erscheinen. Ein Skandal ist es nicht.

Warum also die ganze Aufregung in den USA? Warum fordert Adolfo Carrion, der Bürgermeister der Bronx, die Bundeswehr müsse sich entschuldigen? Warum appelliert der Bürgerrechtler Al Sharpton ausgerechnet an den ihm verhassten George W. Bush, den Vorfall „zu verurteilen“?

Es ist ein bisschen wie beim Karikaturenstreit: Bilder, die hierzulande harmlos erscheinen, können in einem anderen Kontext eine ganz andere Brisanz erhalten. Und mit ihnen lässt sich, wie in diesem Fall in New York, recht einfach und risikolos Lokalpolitik machen. TOBIAS RAPP