Vorwürfe aus der eigenen Partei: Streit über Karteileichen der Linkspartei
Linken-Chef Ernst habe auf Parteitagen wegen manipulierter Mitgliederzahlen Mehrheiten gehabt. Der bayerische Landesverband spricht von "ungeheuerlichen Verleumdungen".
BERLIN taz/reuters | Linkspartei-Chef Klaus Ernst wehrt sich gegen Vorwürfe aus den eigenen Reihen, er habe Entscheidungen im bayerischen Landesverband mithilfe von Phantom-Mitgliedern in seinem Sinne beeinflusst. "Das sind vollkommen absurde Vorwürfe", sagte er am Wochenende stern.de. Er sei an der Aufstellung der Parteitagsdelegierten nicht beteiligt gewesen. Auch die Linke in Bayern wies Manipulationsvorwürfe zurück: "Herr Voß bringt ungeheuerliche Verleumdungen vor." Man werde umgehend juristische und parteirechtliche Schritte prüfen, heißt es in einer Presseerklärung.
Der bayerische Schatzmeister Ulrich Voß hat der Süddeutschen Zeitung und dem Spiegel Unterlagen zugespielt, in welchen er behauptet, dass Klaus Ernst nahestehende Kreisverbände zu hohe Mitgliederzahlen angegeben hätten. Da sich die Anzahl der stimmberechtigten Delegierten pro Kreisverband nach der Zahl der Mitglieder richtet, hätte das Ernst-Lager wichtige Entscheidungen auf Parteitagen in seinem Sinne beeinflussen können. So sollen Mitglieder angegeben worden sein, die überhaupt nicht in die Partei eingetreten seien, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Zudem seien in der Kartei Mitglieder weitergeführt worden, die verstorben seien oder die schon länger keinen Beitrag mehr gezahlt hätten.
Das Sommertheater frei nach Nikolai Gogols "Die toten Seelen" rührt aus der tiefen Spaltung der bayerischen Linken. Das gewerkschaftsnahe Lager um Klaus Ernst und Landeschefin Eva Mendl und der trotzkistische Flügel stehen sich unversöhnlich gegenüber. Als Ernst im Frühjahr 2009 zum bayerischen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt wurde, stimmten lediglich 57 Prozent der Delegierten für ihn. Ulrich Voß hat die "Gewerkschafter" zusammen mit dem bis April amtierenden Landeschef Franc Zega immer wieder heftig attackiert.
Die Sprecherin des bayerischen Landesvorstands und Ernst-Vertraute, Eva Meindl, forderte Ulrich Voß nun auf, "sein Amt umgehend niederzulegen". Gegen die Landeslisten für die Bundestagswahl 2009 sei innerhalb der gesetzlichen Fristen keinerlei Widerspruch eingegangen. "Wer wie Herr Voß dennoch haltlose Manipulationsvermutungen in den Raum stellt, begeht politischen Rufmord und schadet der Linken", heißt es in einer Erklärung.
Eine Sprecherin der Bundespartei in Berlin sagte der taz, aus den Vorwürfen sprächen "Egomanie und Profilsucht". Sie seien haltlos und würden sauber und transparent geklärt. Schädliche Auswirkungen auf die Bundespartei könne sie derzeit nicht erkennen. ALE
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