Vor Ort : GESA SCHÖLGENS über ziemlich vernachlässigte Mieter in Datteln
Eine Augenweide ist der Südring 282 am Stadtrand von Datteln nicht. Ein tristes, graues Hochhaus mit ruinierter Fassade und schäbigem Hausflur. Vom Glanz der 60er, als noch schicke Appartements mit Penthouseblick und Swimmingpool lockten, ist nichts geblieben. Viele der rund 50 Bewohner, darunter auch Familien mit Kindern, sind arbeitslos. Aber trotz der Tristesse fühlten sich die MieterInnen bislang hier zuhause.
Jetzt aber kann es sein, dass sie ihr Heim bald verlassen müssen. Denn Hausverwalter Ralf Lomparski, der im Auftrag aller Wohnungseigentümer für die Nebenkosten zuständig ist, hat seit geraumer Zeit die Rechnungen für die Heizung nicht bezahlt. Rund 8.100 Euro schuldet er derzeit dem Unternehmen E.on-Fernwärme. Am Montag montierte E.on die Heizungsanlage des Hauses komplett ab. Nun denkt die Stadtverwaltung über eine Zwangsräumung nach. In dem vernachlässigten Gebäude zu bleiben, könnte gefährlich werden. „Derzeit prüfen wir, ob der Brandschutz unzureichend ist“, sagt der parteilose Bürgermeister Wolfgang Werner. Anschließend werde über eine Räumung entschieden. Wenn die Mieter binnen sechs Wochen keine neue Wohnung fänden, müssten sie zunächst in Obdachlosenunterkünften wohnen.
Für die MieterInnen ist der Ärger in den eigenen vier Wänden nicht neu. Im vergangenen Dezember mussten sie tagelang frieren. Damals stellte der Essener Energiekonzern die Heizung ab, weil Rechnungen nicht bezahlt wurden. Manche Bewohner versuchten darauf, die Fernwärme selbst anzuzapfen. Das Ordnungsamt rückte an.
Der Bürgermeister verhandelte schließlich mit E.on. Die Heizung wurde wieder angestellt und dem Hausverwalter erlaubt, die Schulden in Raten abzuzahlen. Doch das tat Lomparski nicht. Ende Juni kündigte E.on den Vertrag ganz. „Wir haben mehrfach gemahnt, dass wir kündigen wenn nicht gezahlt wird“, sagt E.on-Sprecherin Eva Dreckmeier. Dies sei das letzte Mittel in einer endlosen Geschichte gewesen. „Natürlich ist das traurig für die Leute, die dort wohnen. Aber wir sind nun mal ein Wirtschaftsunternehmen.“
Auch der Stadt schuldet der Verwalter noch „eine mehrstellige Summe“, etwa für die Abwassergebühren, sagt Bürgermeister Werner. Schon vor einem halben Jahr dachte die Stadtverwaltung über eine Zwangsevakuierung der MieterInnen nach. Damals wehrten diese sich noch mit einem Protestbrief. Darin hieß es: „Wir ziehen hier nicht aus! Obwohl wir sozial schwach sind, haben wir doch Menschenrechte!“ Sie befürchteten, die Stadt würde den leer stehenden Bau „nieder machen.“ Inzwischen habe sich die Stimmung im Südring gewandelt, sagt Bürgermeister Wolfgang Werner. „Sie wollen so schnell wie möglich raus.“
Die MieterInnen und auch die Eigentümer der Wohnungen, von denen einige in Süddeutschland leben, haben Ralf Lomparski scheinbar blind vertraut. Das hat sich geändert. Ob Stadt und E.on die ausstehende Summe einklagen, ist noch offen. „Wo nichts ist, ist auch nichts zu holen“, sagt Eva Dreckmeier von E.on.