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Archiv-Artikel

Von Wolfram Elsner, Wirtschaftswissenschaftler Mit einem Glas Schampus in den Untergang

Was die Große Koalition nun wieder an „Giftlisten“ beschlossen hat, ist nichts als die Fortsetzung und sogar Verschärfung einer Politik, die in Bremen bereits seit zehn Jahren scheitert. Die Große Koalition ist nicht zu mehr in der Lage als zu einem „weiter so“, „von alledem noch mehr“ und „Augen zu und durch“. Man hofft schlicht, damit bis zum nächsten Verfassungsgerichts-Urteil überleben zu können. (Dass das noch einmal für Bremen günstig ausfällt, ist jedoch mehr als unwahrscheinlich.)

Dabei ist die 200-Millionen-„Spar“-Orgie, wie alle wissen, nur ein Bruchteil der Lösung. Das Zweieinhalbfache des jetzt Beschlossenen wäre angesichts des tatsächlichen Haushaltsdefizits schon rein rechnerisch nötig. Das aber zeigt schon, dass Bremen nicht gesund-, sondern nur totgespart werden kann. Wozu dann aber noch ein Land Bremen, wenn wir von unserer eigenen Landesregierung zur „Dritten Welt“ innerhalb Deutschlands gemacht werden?

Die Große Koalition selbst haut die Grundlagen der Selbständigkeit Bremens weg. Denn welches Argument bleibt eigentlich noch, mit dem man sich als engagierter Bürger für ein Land Bremen einsetzen kann?

Hinzu kommt, dass von Sparen eigentlich keine Rede sein kann, so lange die üppigen Wirtschaftssubventionen, die teuren Eigengesellschaften und die Mittel für Events und Zeremonien aller Art weiter unangetastet bleiben. Wenn der regionale Staat schon zerschlagen wird, dann will die politische Klasse in Bremen mir ihren Schönen und Reichen offenbar wenigstens mit einem Glas Schampus in der Hand dem Untergang zusehen.

Was uns da präsentiert wird, ist kein Sparen, das ist weiterhin und verschärft, Umverteilung von unten nach oben. Zu Lasten der öffentlichen Dienstleistungen und der öffentlich Beschäftigten, also zu Lasten des Normalbürgers, der mit Fug und Recht einen sozialen und ausgewogenen Staat verlangen kann. Wo jedoch von unten nach oben umverteilt wird, da muss auch der Demokratieabbau her. Das heißt: Mitwirkungsrechte adé.

Dieses Bremen kann so nicht mehr gerettet werden. Die einzige Möglichkeit für die Zukunft des Stadtstaates besteht nachweislich und weiterhin nur in einem neuen räumlichen Zuschnitt Bremens, der den gesamten Ballungsraum umfassen muss – Reizwort „Eingemeindung“ – kombiniert mit einer wirklich soliden Finanzpolitik für die Menschen, die in diesem Gebiet leben. An das erste Thema, eine echte Jahrhundertreform für alle Großstädte, traut sich die „starke“ Große Koalition seit Jahren nicht heran. Zu dem zweiten ist sie subjektiv nicht fähig.