VOR ORT : SIMON LENARTZ über ausgeschlafene Schüler in Herford
Traumhaft: Eine halbe Stunde später aufstehen, eine halbe Stunde später in die Schule. Das lässt Schülerherzen höher schlagen – sollte man meinen. An der Herforder Gesamtschule Friedenstal ist das jedoch anders. Hier stellen sich die Schüler gegen den Plan der Stadtverwaltung, den Schulbeginn um eine halbe Stunde, von acht Uhr auf halb neun, zu verlegen. Die Verwaltung wollte die Schulzeit ändern um weniger Schulbusse einsetzen zu müssen.
Die Schüler der Gesamtschule Friedenstal waren nicht gerade begeistert von der Sparmaßnahme. Eine halbe Stunde früher aufzustehen, bedeutet schließlich auch, eine halbe Stunde später frei zu haben. Insbesondere die 200 Ganztagsschüler machten sich Gedanken, ob sie abends noch später zu Hause sein wollten. Und so schrieben sie fleißig Protestbriefe: Mehr als 500 sind inzwischen beim städtischen Schulausschuss gelandet.
Im Auftrag der Verwaltung hatten die Verkehrsbetriebe Minden-Ravensberg (VMR) untersucht, wie sich im Busverkehr Geld sparen lässt. Ergebnis: Die Stadt kostet es jährlich 20.000 Euro weniger, wenn vier der Sonderbusse, die nach VMR-Berechnungen jeden Morgen siebenhundert Friedenstaler Gesamtschüler zur Schule bringen, nicht mehr fahren. Stattdessen, so haben sich die findigen Verkehrsexperten überlegt, sollen die Schüler mit den normalen Linienbussen fahren.
Nach Ansicht des VMR lässt sich aber ausschließlich mit den Bussen der Friedenstaler Gesamtschüler Geld sparen. „Bei den Gymnasien und anderen Schulen rechnet sich das nicht“, sagt Schuldezernent Ernst Meihöfer, „dort sind zu wenig Busfahrschüler. Die Fahrplanumstellung ist dann zu kompliziert und zu teuer.“ Zu kompliziert findet jetzt allerdings die Schulleitung den Vorschlag der Verwaltung. Schließlich müsse die Schule den kompletten Schulablauf neu organisieren, AGs, Vereine, Trainingszeiten und Ganztagsangebote umstricken – alles nur, weil die Schule später anfängt.
Auch Lehrer und Eltern konnten dem Plan nicht viel abgewinnen und stimmten, wie die Schüler, in der Schulkonferenz dagegen. Am Montag erteilte dann auch der Schulausschuss dem Plan der Verwaltung eine Abfuhr. Mit der Begründung, dass man nicht den Beschluss der Schulkonferenz überstimmen wolle.
Kritik gab es allerdings nicht nur an der Sache, sondern auch am Verfahren. „Man kann doch nicht sagen, wir probieren das jetzt einfach mal und wenn es Probleme gibt, dann machen wir es vielleicht doch lieber rückgängig“, kritisiert der Organisationsleiter der Schule Dieter Birkenschmidt die Verwaltung. Er habe nur einen Brief erhalten, indem es hieß, man wolle 20.000 Euro sparen – weiter nichts. „Man hätte ohne großes Trara vorher Kontakt mit uns aufnehmen sollen“, findet er. „Hat man“, rechtfertigt sich Schuldezernent Ernst Meihöfer. In der Schulkonferenz sei alles erklärt worden. Allerdings räumte auch er ein, dass es Verfahrenskritik gab. Jetzt will Meihöfer mit der Schule nach einem Kompromiss suchen. Für die Schüler heißt es also auch morgen: früh aufstehen.