Urdrüs wahre Kolumne : Bremer Mokka
Mal im Ernst: Wen oder was wollen die Spezis von der Hanseatischen Verwaltungsgesellschaft denn unbedingt in Bremen sehen oder hören, um die Erweiterung der Stadthalle zu rechtfertigen? Für Lustige Musikanten, Shaolin-Mönche, Mink de Ville oder Daniel Küblböck reicht die vorhandene Kapazität allemal aus, die wahren Top-Acts finden im Weserstadion statt, und beim Bruderkampf der Klitschkos irgendwann könnte man endlich mal „Ausverkauft“ melden. Bis irgendein Politiker mal wieder Hallen füllt, wird man wohl noch die Sanierung Bremens abwarten müssen – und ob eine x-beliebige Kommune im Nordstaat dann gleich drankommt, ist ja so sicher nicht ... Genügt es unter diesen Umständen nicht, die Swutsch-Gastronomie als Café Größenwahn firmieren zu lassen?
Worüber sich das Bremen-Marketing wirklich mal Gedanken machen sollte, das ist die Dreistigkeit, mit der hergelaufene Kaffee-Onkels das Image dieser Stadt zerstören, indem sie die fiesesten und unbekömmlichsten Billigbohnen in den Sonderpostenmärkten dieser Republik grundsätzlich als „Bremer Mokka“, „Bremer Marktkaffee“ oder „Bremer Röstung“ verticken. Vermutlich stecken dahinter Hamburger Importeure, die ihren Abfall auf diese diskriminierende Weise entsorgen!
Stolz hingegen macht den Endesunterzeichneten einmal mehr die liebenswerte und menschliche Reaktion des hiesigen Publikums angesichts der Attacke von mutmaßlichen Prügelbullen auf einen jungen Afrikaner vorm Hauptbahnhof: Denn was Ihr getan habt einem Seiner geringsten Brüder, das habt Ihr IHM getan!
Warum kann er denn sein Maul nicht halten, dieser Rolf „Bully“ Herderhorst? Selbst als Law&Order-Tröte der CDU-Bürgerschaftsfraktion muss man sich doch nicht mit seinem inneren Schweinehund so entblößen, dass man das Kirchenasyl gleich für rechtswidrig und „nicht hinnehmbar“ erklärt. Empfohlene Bußübung: 50-mal in Schönschrift auf druckfrische Parteibroschüren schreiben: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen – und unser himmlischer Vater ernährt sie doch!“ (Matth. 6,26). Das kann er dann gleich als Hirtenwort an all jene schicken, die derzeit so locker-reformatorisch gegen die Armen dieser Welt zu Felde ziehen.
Engagiert diskutieren zwei Mitpatienten in meiner Klinik vor der Bäderabteilung über die Vorschlagsliste für die ZDF-Abstimmung über „Die besten Deutschen aller Zeiten“: Während der eine sich für Albert Schweitzer und Goethe erwärmt, vermisst der andere schmerzlich den Turnvater Jahn. „Nimm doch Jan Ullrich, das ist doch auch Sport!“ empfiehlt sein Gesprächspartner, und in der Tat – der Jan, er ist drauf auf der Liste der hundert besten Deutschen aller Zeiten, ebenso wie Claudia Schiffer, Kaiser Wilhelm und Beate Uhse. Was für ein Volk!
Stromausfälle in Bremen und New York, das lässt hoffen. Computerviren schlagen zu, die Gletscher schmelzen, und bei Haake-Beck geht das Leergut aus: Sind das nicht die Zeichen der Zeitenwende, auf die wir alle gewartet haben? Voller Optimismus jedenfalls registriert diese Signale Ulrich „Simplicissimus“ Reineking