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Unterschlug Nachmann Zinsen aus Wiedergutmachungsgeldern?

Berlin/Frankfurt (ap) - Der frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Werner Nachmann, hat vermutlich von 1980 bis kurz vor seinem Tod im Januar diesen Jahres Zinsgelder in zweistelliger Millionenhöhe aus Wiedergutmachungszuwendungen an jüdische Naziopfer in aller Welt unterschlagen. Das gab Nachmanns Nachfolger Heinz Galinski am Dienstag in Berlin bekannt. Ermittlungsbehörden seien noch nicht eingeschaltet worden. Der Zentralrat der Juden in Deutschland beauftragte die bundeseigene Wirtschaftsprüfungsanstalt Treuarbeit mit der Untersuchung. Die Prüfungen sollen noch zwei bis drei Wochen dauern. Nach Galinskis Darstellung stammt das Geld, das Nachmann unterschlagen haben soll, aus einer Summe von rund 400 Millionen Mark, die die Bundesregierung 1980 an die Internationale „Claims Conference“ gezahlt hatte. Sie waren für Juden gedacht, die aus verschiedenen Gründen bisher keine Wiedergutmachung erhalten hatten. Die Nettosummen, maximal 5.000 Mark pro Fall, erreichten den Angaben des Hessischen Rundfunks zufolge zwar ordnungsgemäß die Empfänger, nicht aber die Zinsen, die bis zu dem Zeitpunkt aufliefen, an dem sich die Betroffenen meldeten. Es handele sich um mindestens 22 Millionen Mark an Zinsen aus der bisher verteilten Summe von 383 Millionen Mark. Galinski sagte, indem er die Öffentlichkeit zuerst informiert habe, wolle er „unter Beweis stellen, daß es uns darum geht, ohne Rücksicht auf Personen Klarheit in die Affäre zu bringen.“

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