Uniwildnis und Mitspracherechte bedroht : Ignorierter Bürgerwille
„Wie die große Koalition mit dem Bürgerwillen umgeht, das spottet jeder Beschreibung.“ Christine Bernbacher, eine der Wortführerinnen des Bürgerantrags gegen die Flächen- und Verkehrspolitik der Großen Koalition, machte ihrem heftigen Ärger im Vorfeld des OVG-Urteils zur Uniwildnis Luft. Ihre Mitstreiterin Hiltrud Lübben-Hollmann zeichnete gestern noch einmal den Weg nach, den der Bürgerantrag, unterzeichnet von über 12.000 BremerInnen, seit seiner Anerkennung im Mai 2003 genommen hat. Ein Leidensweg, denn trotz der gesetzlichen Zusicherung, dass Vertrauensleute des Antrages in politischen Gremien gehört werden müssen und die Bürgerschaft sich mit dem Antrag befassen muss, ist beides bis heute nicht geschehen.
Dass Bremen und seine Politiker vom selbstbewussten und mündigen Bürger sonst gerne profitierten, daran erinnerten die Antragsteller – politisch in den unterschiedlichsten Parteien beheimatet – mit Nachdruck. Es fließe privates Geld und viel Zeit ins Bremer Bürgerengagement, dann aber müssten auch deren Rechte gewahrt werden, findet Bernbacher, eine Grüne. Ihr Weggenosse, der Anwalt Alexander Jamnig, Mitglied der CDU, hat in punkto Rechten „einiges gelernt im Zuge unseres Bürgerantrags“. Zum Beispiel, dass die Bremer Landesverfassung dem einen so hohen Rang einräume, dass er in seinem juristischen Status einem Senatsbeschluss gleich komme. Auch das ist eins der Argumente, mit denen die Antragsteller nun vors Gericht zogen. Bevor der Antrag nicht politisch entschieden ist, dürfen keine Tatsachen geschaffen werden. „Dass es überhaupt zum mündlichen Erörterungstermin gekommen ist, zeigt, dass das Gericht der Argumentation der Bürger einiges abgewinnt“, so Jamnig.
Natürlich kann das Parlament den Bürgerantrag bei der Beratung in jedem der zehn Punkte – sie betreffen zum Beispiel die Arberger Marsch, die Osterholzer Feldmark und die Schwachhauser Heerstraße – abschmettern, aber es muss doch immerhin darüber beraten. Die SPD hat zudem signalisiert, dass sie einigen Punkten des Antrags durchaus offen gegenüberstehe. „Die SPD ist in diesen Dingen wendiger als die CDU“, glaubt Jamnig: „Das können wir uns hoffentlich zunutze machen.“ Bei Gesprächen mit Sozialdemokraten sei allerdings deutlich geworden, dass am Koalitionsvertrag auch von deren Seite nicht gerüttelt werden soll. „Damit hätten sich im Grunde fast alle unsre Anliegen erledigt“, resümiert Lübben-Hollmann enttäuscht. hey