: Umstrittenes Sozialgesetz bringt Regierung Rocard in Bedrängnis
Paris (dpa) — Mit Streiks und Kundgebungen haben die französischen Gewerkschaften am Mittwoch gegen ein Gesetz über die Finanzierung der Sozialversicherungen demonstriert, das heute in die Nationalversammlung eingebracht werden soll. Der Gewerkschaftsverband Force Ouvrière hatte zu einem Generalstreik in allen Bereichen, die anderen Gewerkschaftsverbände zu Ausständen im Verkehrswesen und in Staatsbetrieben aufgerufen. Die Aufrufe wurden jedoch nur teilweise befolgt. So kam es im Pariser Nahverkehr zu Behinderungen.
Das umstrittene Gesetz über den „Verallgemeinerten Sozialbeitrag“ sieht vor, die Beitragspflicht zur Sozialversicherung auf Kapitaleinkommen auszudehnen. Es ist einnahmenneutral und bringt damit eine Umschichtung: Familien mit weniger als 18.000 Franc (5.360 DM) Monatseinkommen zahlen niedrigere Beiträge. Besserverdiener zahlen mehr. Zudem werden Freiberufler und Finanzrentiers beitragspflichtig.
Die Verbände der Unternehmer, leitenden Angestellten und Freiberufler kritisieren das Gesetz mit fiskalpolitischen Argumenten. Die Kommunisten und Gewerkschaften bekämpfen es als verdeckte Einführung einer neuen Steuer, die in den Folgejahren steigen könne. Bei den Beratungen in der Nationalversammlung will die Opposition einen Mißtrauensantrag gegen die Regierung einbringen, über den am Montag abgestimmt werden soll. Dabei müssen die Sozialisten erstmals damit rechnen, daß die Kommunisten mit den Bürgerlichen stimmen, um das Kabinett Michel Rocard zu stürzen.
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