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Über 300.000 intime sozialpsychiatrische Akten

■ AL-Gesundheitsstadträtin Nitz-Spatz schlägt Alarm: Tausende heikle Bürgerdaten werden jahrzehntelang auf Ämtern gelagert

Tiergarten. Rund 300.000 Berliner sind nach Angaben der Westberliner Stadträtin für Gesundheit und Umweltschutz im Bezirk Tiergarten, Nitz-Spatz (AL), in sozialpsychiatrischen Diensten der Stadt aktenkundig. „Diese Akten werden mehr als 30 Jahre lang aufbewahrt und sind größtenteils ohne direktes Einverständnis und teilweise ohne Kenntnis der Betroffenen angelegt worden“, sagte sie. Allein im Bezirk Tiergarten seien 15.000 Personen aktenkundig, die älteste Akte stamme aus dem Jahr 1946.

Frau Nitz-Spatz bezeichnete es als unhaltbar, daß persönliche Daten aus freiwilligen Gesprächen zwischen Bürgern und Mitarbeitern des sozialpsychiatrischen Dienstes bei einer möglichen Zwangseinweisung in eine psychiatrische Abteilung verwandt werden. Sie warf dem Senat vor, die Zahl der Akten in den Bezirken nicht abzufragen und sich „breitbeinig vor die Mißstände“ zu stellen. Als „absolut unsinnig“ bezeichnete Frau Nitz-Spatz die Stellungnahme einer Senatssprecherin, die die hohe Zahl der Akten im Bezirk Tiergarten mit den dortigen Gefängnissen und älteren Akten von Flüchtlingen aus der DDR erklärte. Die Senatssprecherin bezeichnete es zugleich als unrealistisch, diese Zahl auf die zwölf Bezirke hochzurechnen. Sie betonte, daß die Autonomie der Bezirke durch die Nachfrage nach der Aktenzahl verletzt würde.

dpa

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