: Übelster Rassismus -betr.: "Rotzfrech - dann verhaftet", taz vom 1.7.1995
Betr.: „Rotzfrech – dann verhaftet“, taz vom 1.7.
„Rein rechtlich ist nichts zu beanstanden, meinte der Revierleiter der Wache Steintor, die vergangene Woche sechs minderjährige Kinder aus reiner Willkür mit Hunden, ohne ihnen Auskunft zu geben, abführte, erkennungsdienstlich behandelte, sie verhörte und zwang, sich auszuziehen und dann nach anderthalb Stunden freiließ. Kaum vorzustellen ist für mich, daß es auch nur rein rechtlich korrekt ist!
Mir drehte sich alles im Magen um, als ich davon hörte – auch, da ich fast alle befroffenen Kinder kenne, seitdem sie in Bremen leben. Wir haben in der Sozialen Gruppenarbeit ihnen Deutsch beigebracht, so daß sie sich verständigen können, haben dafür gesorgt, daß sie zur Schule gehen, Freundschaften schließen und sich wohl fühlen. Haben über ihre Ängste und Erfahrungen mit Bürgerkrieg und Gewalt gesprochen und ihnen vermittelt, daß sie hier in Ruhe leben können – und nun dies. Da lese ich, daß Tarek sich nicht ausziehen wollte und dafür einen Faustschlag an den Kopf bekam – Recht hat er, daß es sich nicht einfach auszieht, eine Frechheit ist es, daß er dafür geschlagen wird – ein Skandal wenn es stimmt, daß es die Polizei war!
Auch wenn ich Verständnis für die schwierige Arbeitsssituation der Polizei und gegenüber Selbständigen habe, die beklaut werden, aber so kann und darf damit nicht umgegangen werden. Ich glaube auch nicht, daß es so gelaufen wäre, wenn die Beschreibung auf blonde, blauäugige Kindern gelautet hätte. Das ist für mich übelster Rassismus! Ulrike Hiller
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