USA: Migrationsreform gescheitert
Der US-Senat schmettert die Reform der Einwanderungsgesetze ab - gegen den Willen von Präsident Bush. 12 Millionen ohne Papiere müssen auf eine Neuregelung warten
Die lang diskutierte Reform der Einwanderungsgesetze in den USA ist gestorben. Am Donnerstagabend bekam der Antrag im US-Senat keine Mehrheit, die Debatte zu beenden und zur Abstimmung über die von Präsident George W. Bush und den meisten demokratischen Senatoren unterstützten Gesetzesvorschläge zu schreiten. Damit ist die Reform endgültig gescheitert. Ein neuer Anlauf ist politisch frühestens nach der nächsten Kongress- und Präsidentschaftswahl Ende kommenden Jahres denkbar.
Die Reform, die unter anderem den rund 12 Millionen ohne gültige Papiere in den USA lebenden Menschen einen Weg in die Legalität eröffnet hätte, war vor allem von Konservativen stark kritisiert worden. Sie bezeichneten den Vorschlag als "Amnestie", der nur weitere Menschen zur illegalen Migration ermutigen würde.
Christlich-konservative Aktivisten wie der ehemalige Präsidentschaftsaspirant Gary Bauer frohlockten denn auch am Donnerstagabend per Rund-Mail: "Meine Freunde, der heutige Sieg ist der Beweis, dass der Wille des Volkes gegen das Establishment in Washington gewinnen kann." Senator Edward Kennedy aus Massachusetts, einer der Architekten des Gesetzentwurfs, reagierte enttäuscht auf die Ablehnung. An die Adresse der Gegner sagte er: "Wir wissen, was Sie nicht wollen. Aber wofür sind Sie? Was machen Sie denn mit den 12 Millionen, die ohne Papiere hier sind? Zurückschicken in Länder auf der ganzen Welt? Eine Art Gestapo aufbauen, um die Leute hier überhaupt aufzuspüren? Was ist Ihre Alternative?" Ohne eine Reform, so Kennedy, werde sich die Situation in den kommenden Jahren nur noch verschlimmern.
George W. Bush selbst gestand noch am Donnerstagabend seine Niederlage ein. "Viele von uns haben hart daran gearbeitet, zu schauen, ob wir nicht einen Kompromiss finden können. Es hat nicht geklappt", sagte Bush eine Stunde nachdem der Kongress mit 53 zu 46 Stimmen einen Geschäftsordnungsantrag auf Schluss der Debatte und Abstimmung zurückgewiesen hatte. 60 Stimmen wären für diesen Antrag nötig gewesen - in der Sache selbst hätte schon die Mehrheit von 51 der 100 Senatoren genügt. 33 Demokraten, 12 Republikaner und ein Unabhängiger Senator stimmten für das Ende der Debatte, 37 Republikaner, 15 Demokraten und ein Unabhängiger stimmten dagegen.
Tatsächlich waren Grenzsicherheit und Einwanderung in den letzten Monaten auf der politischen Agenda zu Topthemen in allen Umfragen avanciert, die auch bei den Vorwahldebatten der Präsidentschaftsaspiranten beider Seiten eine große Rolle spielten. In den meisten Umfragen sprach sich eine Mehrheit der US-Amerikaner gegen das Gesetz aus.
Dennoch könnte den Senatoren zumindest in den Bundesstaaten mit starkem lateinamerikanischstämmigen Bevölkerungsanteil ihr Abstimmungsverhalten auf die Füße fallen. Janet Murguía von der Latino-Organisation National Council of La Raza droht bereits, die "wachsende und immer engagierte Latino-Wählerschaft" werde die Parlamentarier zur Verantwortung ziehen.
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